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       # taz.de -- Terrorverdacht gegen Franco A.: Schräges Doppelleben
       
       > Ein Bundeswehrsoldat steht unter Terrorverdacht: Wie konnte er als
       > „Syrer“ anerkannt werden, obwohl er kein Arabisch sprach?
       
   IMG Bild: Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels, SPD, sagte, das werfe kein gutes Licht auf die Bundeswehr
       
       Frankfurt/M. taz | Auch am Tag danach sorgt der Fall für Kopfschütteln und
       partielle Ratlosigkeit: Der Bundeswehroffizier Franco A. lässt sich im
       Dezember 2015 in Gießen unter dem fiktiven Namen David Benjamin – angeblich
       ein christlicher Gemüsehändler aus Damaskus – als Flüchtling registrieren.
       Im bayrischen Zirndorf wird er als Asylbewerber anerkannt und bezieht
       seitdem Sozialleistungen, neben seinem Sold als Bundeswehrleutnant.
       
       Franco A. flog erst auf, als er im Februar dieses Jahres in einer Toilette
       auf dem Wiener Flughafen eine geladene Schusswaffe deponiert hatte, die die
       österreichische Polizei beschlagnahmen konnte. Am Mittwoch wurde Franco A.,
       alias David Benjamin, im fränkischen Hammelburg unter dem Verdacht
       festgenommen, [1][einen Terroranschlag geplant zu haben].
       
       Aus der abgefangenen Kommunikation des Tatverdächtigen vermutet die
       Staatsanwaltschaft ausländerfeindliche Motive. Ein geplanter Anschlag
       sollte offenbar so aussehen, als sei er von Flüchtlingen begangen worden.
       Als Komplize wurde auch ein 24-jähriger Student aus Friedberg verhaftet.
       Bei ihm fand die Polizei Munition.
       
       Die Frage, wie ein deutscher Soldat, der kein Arabisch, allerdings
       Französisch spricht, als syrischer Asylbewerber anerkannt werden konnte,
       beschäftigt seitdem Politik und Behörden. Laut der Regierung Mittelfranken
       hatte Franco A. bei seiner Anhörung angegeben, dass er in einer
       französischstämmigen Kolonie in Damaskus aufgewachsen sei und deshalb nur
       mangelhaft Arabisch beherrsche. In Berlin kündigte der Sprecher des
       Bundesinnenministers an, das Ministerium und das Bundesamt für Migration
       und Flüchtlinge (BAMF) würden jetzt „jeden Stein umdrehen, um zu wissen,
       wie es dazu kommen konnte“. Sollte es Mängel geben, müssten die abgestellt
       werden.
       
       Der verhaftete Bundeswehroffizier sei im November 2016 und damit nicht in
       der Zeit der großen Flüchtlingswelle mit einer Überlastung der Behörden vom
       BAMF angehört und anerkannt worden. „Es scheinen etablierte und zwingende
       Sicherheitsvorkehrungen, die allen Beteiligten bekannt sein müssen, nicht
       befolgt worden zu sein“, so der Sprecher.
       
       ## Wohnungen und Diensträume der Bundeswehr durchsucht
       
       Zur Forderung des bayerischen Innenministers, Joachim Herrmann (CSU), jetzt
       alle Asylbescheide nochmal zu überprüfen, sagte er, für eine „anlasslose
       Überprüfung aller Asylbescheide“ gebe es keine rechtliche Grundlage.
       
       Beide Tatverdächtige schweigen bislang zu ihren Motiven. Der inhaftierte
       Student habe lediglich ausgesagt, dass er die beschlagnahmte Munition von
       dem Bundeswehrsoldaten erhalten habe, sagte am Freitag die Sprecherin der
       Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main, Nadja Niesen. Sie räumte gegenüber
       der taz ein, der Vorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden
       Straftat gründe sich bislang lediglich auf Vermutungen. „Es ist ein
       Verdacht.“
       
       Die Verstöße gegen das Waffenrecht und der Betrugsvorwurf wegen des
       unberechtigten Bezugs von Sozialleistungen dagegen gelten als belegt. Der
       Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Hans-Peter Bartels, SPD, sagte,
       dieser „obskure Fall“ werfe kein gutes Licht auf die Bundeswehr. Auch in
       ihren Reihen gebe es offensichtlich Fremdenfeindlichkeit.
       
       Herrmann erklärte, der Fall sei ein „makaberer Beleg dafür, dass zeitweise
       Asylbewerber ohne ernsthafte Prüfung der Identität anerkannt wurden“. Der
       innenpolitische Sprecher der Grünen im hessischen Landtag, Jürgen
       Frömmrich, sagte der taz: „Da sind offenbar Leute unterwegs, die sagen, wir
       machen mal was und schieben es den Flüchtlingen in die Schuhe. Das ist
       infam“.
       
       90 Polizeibeamte des Bundeskriminalamts, der hessischen und bayerischen
       Polizei sowie österreichische und französische Sicherheitsbehörden hatten
       16 Wohnungen und Diensträume der Bundeswehr in Deutschland, Österreich und
       Frankreich durchsucht. Der Fall sei rätselhaft, sagte der Wiesbadener
       Kriminalpsychologe Rudolf Egg der Deutschen Presse-Agentur. Der 28-jährige
       Oberleutnant habe mit dem Asylverfahren ja einen „Riesenaufwand betrieben“.
       „Und das ist ja auch riskant“, sagte Egg. „Das bleibt eigenartig.“
       
       28 Apr 2017
       
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