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       # taz.de -- Invasive Arten: Ausweitung der Kampfzone
       
       > Eingewanderte Waschbären verbreiten sich in Deutschland rasant. Weil sie
       > bedrohte Tierarten gefährden, müssen sie weg.
       
   IMG Bild: Kein Hitlergruß: Als Nazi diffamierter Waschbär
       
       Der Mensch ist ja keineswegs die einzige Tierart, die sich erfolgreich
       jenseits ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes ansiedeln konnte. In
       seinem Gefolge hat sich in Europa der eigentlich in Nordamerika heimische
       Waschbär breit gemacht und droht nun ironischerweise, die menschliche
       Besiedlungsgeschichte seiner Heimat im Tierreich mit umgekehrten Vorzeichen
       zu wiederholen: als Invasor nämlich, der die einheimische Bevölkerung nach
       und nach zurückdrängt.
       
       Waschbären sind kleine, putzig aussehende, aber effektive Räuber, die ihren
       Hunger nicht nur an den Mülltonnen von Stadtrandbewohnern stillen, sondern
       auch Vogelnester ausheben, Ringelnattern verputzen und unter heimischen
       Amphibien aufräumen. Als besonders problematisch gelten sie etwa für die
       letzten Vorkommen der Europäischen Sumpfschildkröte. Um bedrohte Arten
       scheren sich die sauberen Bärchen nämlich naturgemäß einen Dreck. Und
       müssen daher weg, sprich: selbst dran glauben.
       
       So will es die EU, und so wollen es Naturschützer und deutsche Jäger.
       Letztere haben in der vergangenen Jagdsaison nach eigenen Angaben immerhin
       rund 130.000 Exemplare erlegt, mehr als je zuvor. Sie fordern deswegen nun
       sogar staatliche Hilfen, um noch mehr der Pelztiere zu erwischen.
       Tierschützer verlangen dagegen selbstverständlich die Schonung der Tiere,
       selbst wenn diese die am mühsam errichteten Krötenzaun eingesammelten
       Amphibien direkt aus dem Eimer vernaschen.
       
       Der NABU schwankt in seiner Einschätzung zwischen Appeasement und
       Kriegserklärung. Modefreunde verweisen darauf, dass mit einer Ausweitung
       der Kampfzone am Ende schließlich ökologisch voll korrekte Bio-Bärchenfelle
       gewonnen werden könnten. Und die Zoos schließlich schauen fassungslos auf
       das ihnen im vergangenen Jahr von der EU auferlegte Haltungs- und
       Zuchtverbot von Waschbären, weil schließlich die Gefahr bestünde, dass
       ihnen mal ein Tier entkommen könnte.
       
       ## Der deutsche Bestand geht mitnichten auf Göring zurück
       
       Das dann die inzwischen millionenstarke frei lebende Population stärken
       würde, die wiederum wie etwa in Hessen von der grünen Umweltministerin
       Priska Hinz erst kürzlich mit der Änderung des Jagdgesetzes durch die
       Einführung von Schonzeiten unter verstärkten Schutz gestellt wurde.
       
       Es herrscht also ein einziges Chaos im Umgang mit Waschbären. Trotz allem
       aber haben sie eines nicht verdient: als Nazis diffamiert zu werden,
       [1][wie Spiegel Online] es gerade wieder getan hat. Denn der deutsche
       Bestand geht entgegen einer weit verbreiteten Legende mitnichten auf eine
       von Hermann Göring befohlene Ansiedlung der Bärchen zurück, sondern auf
       mehrere, voneinander unabhängige eigenmächtige Aussetzungen durch Förster
       und Tierschützer sowie auf entkommene Tiere von Pelztierfarmen. Also
       praktisch aller, die sich heute um des Waschbären Fell streiten.
       
       21 Apr 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/waschbaeren-werden-zum-problem-a-1143839.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heiko Werning
       
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