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       # taz.de -- Vereidigung des Präsidenten in Ecuador: Kleinbauern mit großen Hoffnungen
       
       > Die ländliche Bevölkerung in Ecuador hat hohe Erwartungen an den neuen
       > Präsidenten Lenín Moreno. Es soll mehr Dialog geben.
       
   IMG Bild: Wohl einer der ersten Amtshandlungen von Lenín Moreno: die Änderung der Mediengesetze
       
       Shumiral taz | Die lindgrüne Fahne mit dem Logo der „Alianza País“ und dem
       Konterfei des Kandidaten Lenín Moreno, der am Mittwoch als Präsident
       Ecuadors vereidigt wird, hängt am Haus von Marisol Vásquez. Die junge
       Kakaobäuerin steht vor ihrem auf Stelzen stehenden Holzhaus und wartet auf
       die ersten Eimer mit Kakaobohnen, um sie von Fruchtfleisch und dem feinen
       Strängen zu befreien, die die Bohnen in der Schote halten. Espinas, Gräten,
       heißen die unter den Kakaobauern von Shumiral. Das kleine Dorf befindet
       sich im Süden Ecuadors, in der Agrarregion rund die Hafenstadt Machala, wo
       vor allem Bananen, aber auch etwas Kakao verschifft wird.
       
       In Shumiral dominiert der Kakaoanbau, und der wird von Kleinbauern geprägt,
       die sich in der Genossenschaft Urocal organisiert haben. Auch Marisol
       Vásquez. Sie setzt große Hoffnungen in die neue Regierung. „Lenín hat
       angekündigt, die kleinbäuerliche Landwirtschaft zu fördern. Da hat es Sinn,
       sich zusammenschließen“, sagt die Frau von Anfang dreißig.
       
       Urocal wurde 1974 gegründet, als die Landkonflikte in Ecuador schwelten.
       Seither hat die Genossenschaft tragfähige, kleinbäuerliche Strukturen
       aufgebaut. In Shumiral wurde ein Kakaozentrum errichtet, wo konventionelle
       und organische Bohnen angekauft, getrocknet und verpackt werden. Weitere
       Zentren gibt es für die Verpackung und Qualitätskontrolle von Bananen, die
       zweimal pro Woche für den deutschen Importeur „Banafair“ geerntet werden.
       
       Die Infrastruktur derartiger Genossenschaften will die Regierung von Lenín
       Moreno nun ausbauen. „Obendrein sollen Bauernorganisationen dabei
       unterstützt werden, neue Exportprodukte zu entwickeln und zu vermarkten“,
       so Marco Oviedo. Er leitet das Programm zur Förderung von Kleinbauern und
       hat sein Büro in der Dependance des Agrarministeriums in Machala. Dort
       arbeitet er mit Bauernorganisationen wie Urocal und BanaVid, dem Netzwerk
       von kleinen Bananenexporteuren, am Aufbau von alternativen Strukturen im
       Agrarsektor.
       
       Der ist bisher weitgehend dominiert von der großen Plantagenwirtschaft, die
       sich in den Händen von fünf, sechs überaus einflussreichen Familien
       befindet. Das soll sich laut den Plänen der Regierung ändern. „Mit der
       ‚Minga Agropecuaria‘ wurde bereits das Förderkonzept für die
       kleinbäuerliche Landwirtschaft vorgestellt“, so Oviedo. „Es geht darum,
       auch die Weiterverarbeitung von Kakao, Bananen oder Garnelen in Ecuador in
       die Wege zu leiten“, schildert der Agraringenieur das Ziel.
       
       Der 64-jährige Lenín Moreno, der bei einem Raubüberfall angeschossen wurde
       und seitdem im Rollstuhl sitzt, „gilt als Mann des Dialogs, und er hat
       angekündigt, die Mediengesetzgebung Ecuadors zu ändern“, sagt Analyst und
       Medienspezialist Mauro Cerbino vom Sozialforschungsinstitut Flacso in
       Quito. Das könnte dazu führen, so wird in Quito spekuliert, dass die
       Medienkontrollbehörde Supercom ersatzlos gestrichen wird. Deren Bilanz ist,
       so Cerbino, wenig positiv. Sie habe die angestrebte „Demokratisierung des
       Mediensystems“ mit allerlei Vorschriften durchzusetzen versucht, statt auf
       den Dialog zu setzen.
       
       Genau der dürfte unter Lenín Moreno zum Programm werden. Er hat
       angekündigt, Humberto Cholango, Ex-Präsident des indigenen Dachverbandes
       Conaie, genauso ins Kabinett zu berufen wie Raul Ledesma Hurtado. Der ist
       der Sohn des Präsidenten der Vereinigung der Bananenexporteure Ecuadors,
       soll Arbeitsminister werden und gilt nicht gerade als Sozialpolitiker.
       Spagat als Dauerzustand, so scheint der Plan.
       
       24 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Knut Henkel
       
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