# taz.de -- Grundrechtereport zeigt massive Mängel: Alternative Bestandsaufnahme
> Die Gefangenengewerkschaft nutzt die Präsentation des Grundrechtereports,
> um ihre Anliegen zu präsentieren. Etwa den Mindestlohn für Gefangene.
IMG Bild: Staatlicher Zugriff: Polizisten durchsuchen einen Mann
Karlsruhe taz | „Beim Schutz der Grund- und Menschenrechte sehe ich ein
flächendeckendes Staatsversagen.“ Das sagte Georg Restle, Leiter des
ARD-Politmagazins „Monitor“, bei der Vorstellung des aktuellen
Grundrechtereports am Dienstag in Karlsruhe. Vor allem die Einführung
„verdachts- und anlassloser Überwachung“ wie bei der
Vorratsdatenspeicherung habe eine „völlig neue Qualität“.
Der Grundrechtereport ist seit zwanzig Jahren eine Art „alternativer
Verfassungsschutzbericht“. Er wird jährlich als Taschenbuch veröffentlicht.
Herausgeber sind acht Bürger- und Menschenrechtsorganisationen, von der
Humanistischen Union bis zur Neuen Richtervereinigung.
Als positives Beispiel für die Selbstorganisation von Benachteiligten
stellte Oliver Rast die vor drei Jahren gegründete Gefangenengewerkschft
GGBO vor. Die Vereinigung, die inzwischen bundesweit rund tausend
Mitglieder hat, werde allerdings weder von den Anstaltsleitungen noch von
den DGB-Gewerkschaften anerkannt.
„Im Moment geht es nicht darum, zu Arbeitskämpfen und Streiks aufzurufen,
es wäre schon gut, wenn die Gewerkschaft ihren Mitgliedern Post schicken
könnte und Aktivisten nicht mit Repressalien rechnen müssten“, so der
GGBO-Sprecher.
Oliver Rast, der einst wegen versuchter Brandstiftung an
Bundeswehrfahrzeugen einsaß, gab sich betont realpolitisch. „Natürlich
müsste für Arbeit hinter Gittern der Tariflohn bezahlt werden, aber weil
Gefangene noch weit weniger als den Mindestlohn erhalten, fordern wir als
ersten Schritt zunächst mal den Mindestlohn.“
Außerdem fordert die GGBO die Einbeziehung von Strafgefangenen in die
Rentenversicherung, worüber die Justizministerkonferenz schon seit Jahren
ergebnislos berät, weil sich die Bundesländer vor den Kosten fürchten.
Marode Gefängnisse wie in Berlin-Tegel sollten geschlossen werden, so Rast,
„solche Anstalten sind nur noch als Filmkulisse zu gebrauchen“.
Der Grundrechte-Report beschreibt in 41 Beiträgen aktuelle Probleme für die
im Grundgesetz garantierten Rechte. Schwerpunkte bilden, wie meist,
Maßnahmen und Befugnisse der Sicherheitsbehörden, etwa die automatisierte
Kontrolle von passierenden Kfz-Kennzeichen, über die bald das
Bundesverfassungsgericht verhandeln wird. Auch der Umgang mit Flüchtlingen
und anderen Migranten spielt wieder eine große Rolle, etwa die Möglichkeit,
anerkannten Asylberechtigten noch drei Jahre lang einen festen Wohnsitz
zuzuweisen.
Als positive Entwicklungen werden sonst meist Urteile des
Bundesverfassungsgerichts erwähnt. Diesmal wurde aber auch Karlsruhe
angegangen, da es in seinem Urteil zu den NSA-Selektoren eine wirksame
Geheimdienstkontrolle verhindert habe. „Insofern war leider auch die Justiz
Teil des Staatsversagens“, kritisierte Georg Restle.
23 May 2017
## AUTOREN
DIR Christian Rath
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