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       # taz.de -- Kommentar zum CSU-Machtpoker: Unter der Messlatte
       
       > Als Erster wollte Horst Seehofer eine geordnete Machtübergabe in der CSU
       > hinbekommen. Das ist nun danebengegangen.
       
   IMG Bild: Seehofers Alptraum: Der doppelte Söder (der echte steht rechts)
       
       Horst Seehofer ist ein Mann der Überraschungen. Am Montag gab es mal
       ausnahmsweise keine. Was der bayerische Ministerpräsident zu verkünden
       hatte, überraschte niemanden mehr: Der Mann bleibt uns – selbst wenn er
       keine volle Legislaturperiode mehr machen sollte – [1][noch eine ganze
       Weile erhalten], nicht nur als CSU-Chef, sondern auch als
       Ministerpräsident. Zunächst will er sich im Herbst zum Parteichef, im
       November nächsten Jahres dann zum Ministerpräsidenten wiederwählen lassen.
       
       Das einzig Erstaunliche: So sehr die Person Seehofer polarisiert, so wenig
       scheint die mit viel Brimborium inszenierte Personalie irgendjemanden zu
       schockieren. So überwiegt in der CSU die Erleichterung, mit dem derzeit
       stärksten Zugpferd in die kommenden Wahlkämpfe ziehen zu können. Nicht dass
       Seehofers Beliebtheit in der eigenen Partei keine Grenzen hätte. Aber:
       Letzten Endes ist es nicht Sympathie oder Antipathie für den Parteichef,
       die für einen CSU-Parlamentarier den Ausschlag gibt – sondern die Sorge ums
       eigene Mandat. Solange Seehofer als Garant für Wahlsiege gilt, steht auch
       die Landtagsfraktion hinter ihm.
       
       Dass sich in der bayerischen Opposition keine bekennenden Seehofer-Fans
       finden, liegt da schon mehr in der Natur der Sache. Aber auch dort macht
       sich keine Panik breit. Das liegt keineswegs nur daran, dass das
       oppositionelle Nervensystem nach jahrzehntelanger Leidensgeschichte auf
       Schmerzen kaum noch reagiert, sondern vor allem an einer Eigenschaft
       Seehofers: Er ist nicht Markus Söder. Und solange ein Verbleib Seehofers im
       Amt dazu dient, eine weitere Karriere seines größten Feindes zu verhindern,
       hat er – zumindest insgeheim – auch den Segen der Opposition.
       
       Für Angela Merkel wiederum dürfte der Hassfreund aus Bayern vor allem eines
       sein: alternativlos. Denn die Stimmen, die Seehofer am 24. September für
       die CSU einfährt, sind auch Stimmen für sie. Dazu kommt, dass Merkel
       Seehofer mittlerweile so gut kennt, dass er in all seiner Unberechenbarkeit
       für die routinierte Machtpolitikerin längst zur berechenbaren Größe
       geworden ist.
       
       Die große Erleichterung, mitunter Freude, über die Entscheidung des
       Landesvaters darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie in
       Wirklichkeit das Eingeständnis eines Scheiterns ist. Eine
       „Welturaufführung“ hatte Seehofer vor Jahren großspurig angekündigt, einen
       geordneten Generationenübergang wolle er hinbekommen, und das bis 2018.
       
       Jetzt ist er selbst der Einzige in der angeblich so gut aufgestellten
       Parteiführung, dem er zutraut, in seine eigenen Fußstapfen zu treten. Die
       selbst gehängte Messlatte hat er damit nicht nur gerissen – er ist fröhlich
       lächelnd unter ihr durchgelaufen. Seehofer hat es in seinem nunmehr
       neunjährigen Egotrip als Ministerpräsident versäumt, einen geeigneten
       Nachfolger aufzubauen. Seine einstigen Hoffnungsträger wie Karl-Theodor zu
       Guttenberg, Christine Haderthauer oder Ilse Aigner haben sich recht schnell
       selbst aus dem Rennen verabschiedet. Beharrlich geblieben ist nur einer:
       Söder.
       
       Um den Finanzminister nun von der Macht fernzuhalten, macht Seehofer
       einfach selbst weiter – in der Hoffnung, in der gewonnenen Zeit doch noch
       eine andere Lösung zu finden. Nur: Auch Söder kann darauf hoffen, dass die
       Zeit für ihn spielt. Schließlich ist er fast 20 Jahre jünger als sein
       Noch-Chef. Für den Fall einer Niederlage bei der Bundestagswahl hat
       Seehofer schon angeboten, man dürfe ihn köpfen. Markus Söder wird sich das
       nicht zweimal sagen lassen.
       
       24 Apr 2017
       
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