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       # taz.de -- Kommentar zur CDU-Mitgliederbefragung: Die gefühlte Tegel-Wahrheit der Union
       
       > Die CDU lässt jetzt ihre Mitglieder entscheiden, ob die Partei sich für
       > die Offenhaltung des Flughafens einsetzen soll. Das ist absurd und
       > gefährlich.
       
   IMG Bild: Der Flughafen Tegel hat viele Fans, auch in der Union
       
       Volksentscheide richten sich meist gegen die Politik des Senats. Der
       Tegel-Entscheid Ende September macht da keine Ausnahme. Die Opposition
       hofft also, politisch punkten zu können. Dumm nur, wenn man selbst
       jahrelang die Position der Regierenden vertreten hat.
       
       Vor diesem Problem steht die CDU. Sie hat bis Dezember mitregiert und dabei
       stets die Meinung vertreten, Tegel müsse nach der Öffnung des BER
       geschlossen werden, weil dies Vorbedingung für dessen Bau gewesen sei. Ob
       diese Einschätzung juristisch korrekt ist, werden letztlich nur die
       Gerichte klären können. Die Union würde aber gerne schnell ihre Meinung
       ändern und wie FDP und AfD im Abstimmungswahlkampf für den Weiterbetrieb
       des Flughafens Tegels werben.
       
       Um diesen U-Turn hinzukriegen, befragt sie im Juni ihre Mitglieder. Gut
       möglich, dass das klappt: Gerade im alten Westberlin sind sowohl Tegel-Fans
       wie CDU-Mitglieder häufig anzutreffen. „Die abschließende Entscheidung über
       die Positionierung der Berliner CDU zur Offenhaltung von Tegel ist bei
       unseren Mitgliedern in guten Händen“, findet die neue Union-Chefin Monika
       Grütters.
       
       Das klingt nach Räte-Republik und imperativen Mandat, ist leider aber
       nichts anderes als die Übernahme des AfD-Prinzips der „gefühlten Wahrheit“
       durch die Union: Die CDU bastelt sich ihre Welt, wie sie ihr gefällt. Wenn
       ein paar Tausend Konservative finden, dass von Tegel fliegen viel
       praktischer ist als von Schönefeld und dass Ex-Parteichef Frank Henkel in
       dieser Sache jahrelang nur Blech geredet hat, dann muss eben die alte
       Wahrheit durch eine neue ersetzt werden – und die richtet sich nach dem
       Gefühl der Basis.
       
       Damit droht die Union in die Schmuddelecke des politischen Systems
       abzugleiten und diesem Schäden zuzufügen. Mit der Zweckentfremdung der
       Mitgliederbefragung stellt sie die Glaubwürdigkeit aller Parteien in Berlin
       in Frage. Stimmt die Basis jetzt für die Offenhaltung von Tegel, dann
       lautet die Botschaft letztlich: Die Wahrheit ist beliebig und Politiker
       machen eh, was sie wollen.
       
       7 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
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