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       # taz.de -- Waffen in Deutschland: Texas an der Isar
       
       > In keinem Bundesland gibt es mehr Waffenbesitzer als in Bayern. Im Jahr
       > 2016 stieg die Zahl der Schusswaffen auf über eine Million.
       
   IMG Bild: Tier und Mensch aufgepasst – Jäger in Bayern mit schussbereitem Gewehr während einer Treibjagd
       
       Berlin taz | Die Zahl der ausgestellten kleinen Waffenscheine in Bayern ist
       2016 um 578 Prozent gestiegen. 33.198 Personen sind nun dazu berechtigt,
       lebensgefährliche Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen in der
       Öffentlichkeit zu tragen, wie aus einem 27-seitigen Bericht des bayerischen
       Landtags vom April hervorgeht, der der taz vorliegt.
       
       „Eine erschreckende Entwicklung“, sagt Katharina Schulze,
       Fraktionsvorsitzende und innenpolitische Sprecherin der bayerischen Grünen.
       Sie hatte die Daten angefragt. 2015 hatten lediglich 5.748 Personen einen
       kleinen Waffenschein besessen.
       
       Bayern kommt eine nationale Sonderrolle zu. In keinem anderen Bundesland
       gibt es so viele private Waffenbesitzer wie im Freistaat. Aktuell zählt das
       Nationale Waffenregister bundesweit 5,83 Millionen legale Waffen und 1
       Million WaffenbesitzerInnen. Während nach Angaben der Länder 2015 in
       Bremen, Hamburg und Berlin die wenigstens Eigentümer von Waffen gemeldet
       waren (zwischen 2.200 und 9.200), waren in Bayern über 200.000 offizielle
       Waffenbesitzer gemeldet. Nordrhein-Westfalen (173.000) und Niedersachsen
       (129.000) liegen dahinter auf Platz zwei und drei.
       
       Im südlichsten Bundesland stieg die Zahl der erlaubnispflichtigen
       Schusswaffen im letzten Jahr um 2,8 Prozent auf den Höchststand von
       1.163.544. Dafür stellten Waffenbehörden 16,6 Prozent mehr
       Waffenbesitzkarten aus als noch 2015. Eine solche Karte berechtigt den
       Inhaber, Waffen zu besitzen, aber nicht zu tragen. Erst mit Waffenschein
       können erlaubnispflichtige Schusswaffen in der Öffentlichkeit geführt
       werden. 76 bayerische Privatpersonen erhielten 2016 eine solche Erlaubnis.
       
       ## Steigende Nachfrage auch auf Bundesebene
       
       Auch auf Bundesebene ist eine steigende Nachfrage zu beobachten. Während
       das nationale Waffenregister im Juli 2016 noch 412.512 kleine Waffenscheine
       in ganz Deutschland gezählt hatte, waren es Ende September über 440.185.
       Das ist ein Zuwachs von über 27.000 Scheinen.
       
       Die bayerischen Grünen behaupten, dass sich der gesteigerte
       Schusswaffenbesitz in den Opferzahlen niederschlage. Ein unmittelbarer
       Zusammenhang ist nicht belegt, doch zumindest geht aus dem Bericht hervor,
       dass im vergangenen Jahr 41 Personen durch erlaubnispflichtige Schusswaffen
       zu Schaden kamen und damit mehr als im gesamten Zeitraum zwischen 2011 und
       2015 (39 Menschen). „Das Waffenrecht muss auf den Prüfstand“, fordert
       Schulze.
       
       ## EU will Verschärfungen
       
       Ihr Landtagskollege, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), sieht
       das anders. Der Minister, der gerade von Horst Seehofer zum
       Spitzenkandidaten der Bundestagswahl vorgeschlagen wurde, hatte zuletzt
       erklärt, dass die Waffengesetze ausreichend seien und nicht nachgebessert
       werden müssten.
       
       Bald könnte allerdings Bewegung in die deutsche Waffenpolitik kommen. Am
       14. März verabschiedete das Europäische Parlament eine neue Richtlinie, die
       Verschärfungen des Waffenrechts vorsieht. Jäger und Sportschützen sind
       allerdings weitgehend davon ausgenommen. Zuvor hatte die Bundesregierung
       Vorschläge der EU-Kommission, Waffenerlaubnisse zu befristen oder
       medizinische Untersuchungen bei der Erteilung von Erlaubnissen zur Pflicht
       zu machen, abgelehnt.
       
       4 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Klara Weidemann
       
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