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       # taz.de -- Militante Segler: Extrem hart steuerbord
       
       > Die rechte Bewegung der Identitären versucht in Bremen Fuß zu fassen und
       > für Aktionen gegen Lebensretter im Mittelmeer zu werben
       
   IMG Bild: Ein Jammer: Die stillgelegte „Alexander von Humboldt“ wurde gekapert.
       
       In Bremen hat die rechte Identitäre Bewegung (IB) das Segelschiff
       „Alexander von Humboldt“ an der Schlachte einen Tag lang geentert. An den
       Masten hängte ein Trupp Aktivisten Fahnen mit ihrem Logo auf, dem
       griechischen Buchstaben Lambda: Lakedaimonia war ein anderer Name für das
       Königreich Sparta, und einige seiner Krieger trugen das Lambda als
       Abzeichen auf ihren Schilden. Außerdem befestigten die rechten Aktivisten
       am 11. Mai ein Transparent gegen eine vermeintliche Überfremdung an der
       Reling des Restaurantschiffs: „Grenzen schützen – Leben Retten“, stand
       drauf, „Hilfe vor Ort statt Asylwahn“.
       
       Damit bezieht sich die Aktion auf die europaweite IB-Kampagne „Mission:
       Defend Europe“, die sie zynisch auch als „Rettungsmission“ bezeichnen: Im
       Mittelmeer stören sie humanitäre NGOs, die schiffbrüchige Geflüchtete vor
       dem Ertrinken bewahren. In einem Videoaufruf der IB heißt es: „Um Europa zu
       verteidigen, wollen wir gegen die Schlepperschiffe vermeintlich
       ‚humanitärer‘ NGOs an der italienischen Küste vorgehen.“
       
       Die Bremer IBler erklären auf ihrer Facebook-Seite zu der Aktion am 11. Mai
       auf dem zum Gastro- und Hotelschiff umfunktionierten Windjammer, sie hätten
       ein „Ausrufezeichen gegen die Migrationspolitik der EU und der BRD“
       gesetzt. Einen Tag später posteten sie ein Video über eine Störaktion der
       IB im Hafen der sizilianischen Stadt Catania. Mit einem kleinen Boot – ihre
       Fahne im Fahrtwind – versuchten sie das [1][Auslaufen des Bremer
       Rettungsschiffs „Aquarius]“ von der Hilfsorganisation SOS Mediterranée zu
       behindern. Die Hafenbehörde griff ein, das Boot konnte erneut aufbrechen,
       um Geflüchtete in Seenot zu retten. Via Facebook wirbt die IB um Spenden
       für derartige Aktionen. Ziel: Schiffe erwerben und Crews aufstellen. „Denn
       im Gegensatz zu den NGOs werden wir nicht von der Einwanderungslobby
       unterstützt“, heißt es im Appell für die „Verteidigung Europas“.
       
       Seit 2012 ist die von der Génération Identitaire inspirierte IB in
       Deutschland aktiv. Am 10. Oktober vor fünf Jahren startet ein Identitärer
       aus Weyhe mit einem öffentlichen Profil bei Facebook die Bewegung. Den
       Kickoff gab die Génération Identitaire mit dem Video „Déclaration de
       guerre“ – Kriegserklärung.
       
       In dem Clip erklären Jugendliche sich zu Angehörigen einer Generation, die
       doppelt bestraft wäre – „verurteilt, in ein Sozialsystem einzuzahlen, das
       durch Zuwanderung so instabil wird, dass für uns und unsere Kinder nichts
       mehr übrig bleibt“. Und: Sie bezeichnen sich als „Opfer der 68er, die sich
       selbst befreien wollten von Traditionen, Werten, Familie und Erziehung“.
       Befreit hätten sie sich „nur von ihrer Verantwortung“.
       
       Der Zuspruch für die IB, die heute vor allem Martin Sellner öffentlich
       repräsentiert, sank jedoch wieder: Die Aktivitäten blieben auf die sozialen
       Netzwerke beschränkt. Weil sie Zulauf auch aus der klassischen
       rechtsextremen Szene erhielt, begann der Verfassungsschutz, die IB zu
       beobachten.
       
       Bis 2015, schreibt der Bremer Verfassungsschutz, habe die IB „lediglich
       eine Facebook-Seite“ betrieben. Interne Materialien, die der taz vorliegen,
       offenbaren die hierarchische Struktur – und die Militanz der Gruppe.
       „Vergiss nie: Wenn du in U-Haft bist (…) bist du kein Krimineller, sondern
       ein Aktivist und du kämpfst weiter“, heißt es da. Bei Schulungen der IB
       gehört Kampfsport zum Repertoire.
       
       Zur IB hat die AfD einen Unvereinbarkeitsbeschluss gefasst. Dennoch
       sprechen sich einzelne Parteifunktionsträger gegen eine Ausgrenzung aus.
       Auch Bundesvize Alexander Gauland meinte 2016 in der weit rechten
       Zeitschrift Compact: „Die können alle zu uns kommen.“ Der Bremer
       Landesvorsitzende Frank Magnitz pflegt die rhetorische Nähe zur IB, in
       Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt der AfD-Innenpolitiker [2][Jörg Kröger,
       Mitglied in der parlamentarischen Kontrollkommission], einen der IB
       nahestehenden Mann als wissenschaftlichen Mitarbeiter.
       
       Und im Jugendverband der AfD, „Junge Alternative“, scheint die Sache mit
       der Unvereinbarkeit auch nicht so eng genommen zu werden. Im Januar
       erklärte der Vorsitzende der JA Berlin, Thorsten Weiß, das Mitglieder der
       IB und der JA „Veranstaltungen gegenseitig besuchen“. Aus der Berliner JA
       ist Robert Teske nach Bremen gekommen – wo er Vorsitzender des im Herbst
       gegründeten JA-Landesverbandes geworden ist. Bei Twitter bewirbt er
       Literatur aus dem Umfeld der IB, und auf Facebook posiert er vor der
       „Waterkant“ mit einem Shirt „Patriot“, das O angedeutet in der Form des
       Lambda-Symbols der IB. Bezogen werden kann das Shirt exklusiv beim Label
       „Phalanx Europa“ aus dem IB-Netzwerk.
       
       19 May 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.lasicilia.it/news/catania/81700/migranti-identitari-tentano-di-bloccare-nave-aquarius-nel-porto-di-catania.html
   DIR [2] https://www.nnn.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/identitaerer-bei-afd-beschaeftigt-id16437391.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
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