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       # taz.de -- Kommentar Die Bienen und die Grünen: Selbstironische Widersprüche
       
       > Bienen schützen wollen, aber über teuren Honig klagen: Die Grünen müssen
       > jetzt so unentschieden bleiben wie ihre WählerInnen.
       
   IMG Bild: Bienchen würden Blümchen wählen – oder doch Grünchen?
       
       Die gute Nachricht für die Grünen: [1][Ihr Spitzenkandidat hat Humor]. Kurz
       vor der Wahl in NRW am Sonntag, bei der die Grünen ums politische Überleben
       kämpfen, empfiehlt Cem Özdemir seine Partei als [2][„parlamentarische
       Vertretung der Bienen“] und antwortet auf die Frage, ob das den Bienen
       recht sei: [3][„Ja, die Bienen haben eine Urwahl abgehalten. Das Ergebnis
       bei den Drohnen war allerdings sehr knapp.“] Souveräner kann man kaum mit
       dem Urteil der meisten Medien umgehen, dass der grüne Urwahlverlierer
       Robert Habeck der bessere Spitzenkandidat gewesen wäre.
       
       Die schlechte Nachricht für die Grünen: Auch Özdemirs origineller
       Last-Minute-Einsatz für die Bienen wird Rot-Grün in NRW wohl nicht mehr
       retten. Und mit Blick auf die Bundestagswahl ist unklar, ob die WählerInnen
       einen solch selbstironisch-entspannten Umgang mit Zukunftsfragen wie dem
       Bienensterben goutieren werden.
       
       Zu dieser lockeren Haltung gehört die Einsicht in die menschliche
       Unvollkommenheit – und die Bereitschaft zu suboptimalen Kompromissen. Diese
       Biegsamkeit ist bei den meisten Spitzengrünen inzwischen so weit
       ausgeprägt, dass sie nicht erst nach der Wahl einknicken, sondern schon
       vorher auf radikale Versprechen verzichten und nur noch realistische, also
       komplizierte Pläne schmieden.
       
       Problem eins: Damit gehen sie medial unter, weil vor allem griffige Parolen
       Beachtung finden. Problem zwei: Die Grünen können gar nicht mehr radikal
       auftreten. Dafür ist ihre potenzielle Wählerschaft zu gespalten. Die einen
       sind ehemalige Hausbesetzer, die anderen Hausbesitzer, manche beides. Die
       einen wollen nicht noch mehr Geld an den Staat zahlen, die anderen haben
       gar keins. Das einzige Thema, bei dem die Grünen einig radikal sein
       konnten, hieß Atom und ist passé.
       
       Den Grünen bleibt gar nichts anderes übrig, als kleine Schritte für Klima
       und Gerechtigkeit zu planen – und dabei genauso unentschieden zu bleiben
       wie die meisten WählerInnen, die theoretisch für Klimaschutz sind und
       praktisch zweimal im Jahr nach Gomera fliegen. Die theoretisch für offene
       Grenzen sind und praktisch gegen belegte Turnhallen. Die auch Bienen
       schützen wollen, aber über teuren Honig klagen. Özdemirs Tweet war ein
       Versuch, mit diesen Widersprüchen selbstironisch umzugehen. Doch wer kann
       und will da folgen?
       
       11 May 2017
       
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   DIR [1] /Ueberraschende-Wahlkampfoffensive/!5408747
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