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       # taz.de -- Finanzkrise in Griechenland: Neue Grausamkeiten
       
       > Alexis Tsipras legt dem Parlament eine neue Sparrunde vor – und
       > beschwichtigt die Wähler mit „ausgleichenden Sozialmaßnahmen“.
       
   IMG Bild: Noch sind nicht alle Details des Sparprogramms bekannt
       
       Athen taz | Wieder einmal trifft es die Schwachen und die seit Jahren
       schrumpfende Mittelschicht. Am Samstagabend hat die links geführte
       Regierung in Athen neue Sparauflagen ins Parlament eingebracht, die
       stufenweise von 2019 an umgesetzt werden. Der Katalog der Grausamkeiten
       wird ab Montag in den Fachausschüssen erörtert und soll vermutlich am
       Donnerstag und jedenfalls vor dem Treffen der Euro-Finanzminister am 22.
       Mai gebilligt werden.
       
       Noch sind nicht alle Details des Sparprogramms bekannt, das 950 Seiten
       umfasst. Aber eins scheint festzustehen: Bis zu 4,94 Milliarden Euro will
       Griechenlands Regierung in den nächsten Jahren einsparen – deutlich mehr
       als die ursprünglich geplanten 3,6 Milliarden. Vorgesehen sind Einschnitte
       bei der ohnehin bescheidenen Sozialhilfe, neue Rentenkürzungen, höhere
       Versicherungsbeiträge für Freiberufler, eine höhere Besteuerung von
       Hotelübernachtungen sowie eine Senkung des jährlichen Steuerfreibetrags von
       derzeit 8.630 auf 5.700 Euro (für Alleinstehende).
       
       Dabei drohte Finanzminister Euklid Tsakalotos noch vor wenigen Wochen mit
       Rücktritt, falls der Steuerfreibetrag tatsächlich gesenkt würde. Zudem
       erklärte Regierungschef Tsipras mit aller Entschlossenheit, er akzeptiere
       keine weiteren Kürzungen. Seine Zusicherung gilt anscheinend nicht mehr.
       Nicht zuletzt deshalb laufen Gewerkschaften Sturm gegen die neue Sparwelle
       und rufen zum Generalstreik am Mittwoch auf. Einzelne Berufsgruppen wollen
       sogar früher in den Ausstand treten. Allein die Kommunistische Partei
       Griechenlands (KKE) will „Zehntausende Menschen“ auf die Straße schicken.
       
       Die Regierung hat eine andere, viel kreativere Wahrnehmung: Unter dem
       Strich gebe es überhaupt keine Kürzungen, da die Sparauflagen durch
       gezielte Sozialmaßnahmen ausgeglichen würden, heißt es in Athen. Dazu
       gehörten staatliche Zuschüsse für Mieter, Steuererleichterungen für
       Landwirte und ein höheres Kindergeld.
       
       ## Ein Ass hat Tsipras noch im Ärmel
       
       Auch diese Wohltaten stehen am Donnerstag zur Abstimmung, zeitgleich zum
       Sparprogramm. „Diesen politischen Betrug werden wir nicht unterstützen“,
       donnerte am Sonntag ein Sprecher der konservativen Opposition. Auch der
       Fraktionschef der Sozialisten, Andreas Loverdos, will sich nicht auf eine
       lange Debatte einlassen und fordert sogar, dass seine Partei das Parlament
       verlässt und die links geführte Regierung „ihre Sparpolitik allein feiern
       lässt“.
       
       Ein Ass im Ärmel hat Tsipras noch: Aus seiner Sicht gelten die neuen
       Sparmaßnahmen nur unter der Bedingung, dass die Geldgeber im Gegenzug einer
       „Gesamtregelung“ der griechischen Schuldenfrage zustimmen. Sollte diese
       Regelung nicht zustande kommen, würde er die Sparauflagen einfach
       zurücknehmen, lässt der Premier verlauten. Mehrere Abgeordnete seiner
       Linkspartei Syriza wollten das schriftlich haben und im umstrittenen
       Sparentwurf ausdrücklich festlegen. Daraus ist nichts geworden.
       
       14 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jannis Papadimitriou
       
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