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       # taz.de -- Frankreichs neuer Regierungschef: Ein Konservativer wird Premier
       
       > Politischer Schachzug: Präsident Macron hat den Bürgermeister der
       > Hafenstadt Le Havre, Édouard Philippe, zum Regierungschef ernannt.
       
   IMG Bild: „Kompatibel“ – das ist das Adjektiv, das in den Kommentaren zu Édouard Philippes Nominierung am meisten gebraucht wird
       
       Paris taz | Kurz vor dem Abflug zum Antrittsbesuch in Berlin hat der
       französische Staatspräsident Emmanuel Macron seinen zukünftigen
       Premierminister ernannt. Seine Wahl fiel auf den 46-jährigen Abgeordneten
       der Republikaner (LR) und Bürgermeister von Le Havre, Édouard Philippe. Er
       galt wie die Zentrumsdemokratin Sylvie Goulard als Favorit für diesen
       Posten.
       
       Und er erfüllt alle Kriterien, die Macron für das Casting des
       Regierungschefs definiert hatte, außer einem: Macron hatte gesagt, dass er
       eine Frau ernennen wolle. Nun ist es aber ein sportlicher und jugendlich
       wirkender Mann mit Bart, der wie Macron selbst den Generationenwechsel in
       der Staatsführung verkörpern soll. Er hat Freunde und Studienkollegen
       sowohl im linken wie im rechten Lager, die ihn als „humorvoll und
       sympathisch“ beschreiben. Parteiinterne Gegner dagegen sagen von ihm, er
       sei „distanziert“, „extrem ehrgeizig“ oder „skrupellos“. Vielleicht sind
       auch das Eigenschaft, die ein französischer Premierminister braucht.
       
       Der in Rouen geborene Philippe hat dank seiner Erfahrung auf lokaler wie
       nationaler Ebene und des geradezu klassischen Curriculum vitae seiner
       Ausbildung das gewünschte Profil: Studium der politischen Wissenschaften
       und Ausbildung an der Nationalen Verwaltungshochschule ENA. Da er seine
       Mittelschule in Bonn absolviert hat, spricht er sehr gut Deutsch. Vor allem
       aber ist er in jeder Hinsicht mit der parteiübergreifenden Linie des neuen
       Präsidenten sowie den aus der politischen Mitte stammenden Anhängern
       „kompatibel“.
       
       ## Eine Brücke zur Rechten
       
       Das ist denn auch das Adjektiv, das in den ersten Kommentaren zur
       Nominierung am meisten gebraucht wird. Der neue Premierminister war zuerst
       ein Fan des früheren sozialistischen Premierministers Michel Rocard und
       Mitglied des Parti Socialiste, wechselte dann aber ins bürgerliche Lager zu
       Gaullisten wie Jacques Chirac und Alain Juppé. Seine erste lokalpolitische
       Erfahrung bei Wahlen machte er in der Hafenstadt Le Havre, wo er 2010
       Bürgermeister und 2012 Abgeordneter der heutigen Partei Les Républicains
       wurde. Für die Spezialisten der französischen Politik gilt er vor allem als
       enger Vertrauter von Juppé, für den er ab 2002 parteiintern oder danach im
       Umweltministerium arbeitete. Zwischendurch war er aber auch in einem
       Anwaltsbüro sowie beim staatlichen Atomkonzern Areva tätig.
       
       Philippe war Juppés Sprecher bei den bürgerlichen Vorwahlen, die dann aber
       François Fillon gewann. Dessen Rechtsruck lehnte Philippe ab. Aurore Bergé,
       die schon vor ihm aus dem Umkreis von Juppé zu Macron wechselte, beschreibt
       ihn als „Reformisten der sozialen und humanistischen Rechten“ und meint,
       Philippe sei höchstens „ein bisschen weniger liberal als Macron“. Mit ihm
       will der neue Präsident, der bereits zahlreiche Exsozialisten zu seinen
       Mitarbeitern zählt, eine Brücke zur Rechten schlagen.
       
       Doch Macrons wahre Absichten sind machiavellistisch: Denn zugleich möchte
       er mit diesem sehr wahltaktischen Schachzug die zukünftige Opposition von
       rechts spalten und seine Chancen auf eine breite Mehrheit bei den
       Parlamentswahlen am 11. und 18. Juni vergrößern. Werden die bürgerlichen
       Wähler dann für Republikaner oder die neue Bewegung des Präsidenten und
       seines Premiers stimmen? Es wird sich in den nächsten Tagen zeigen, ob mit
       Édouard Philippe nicht ein ganzer Teil der bürgerlichen Mitte und der
       Rechten abbricht und zu Macron überläuft. Nicht zuletzt erlaubt ihm diese
       Nominierung zu belegen, dass er kein Erbe von Hollande sei.
       
       15 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Rudolf Balmer
       
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