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       # taz.de -- Flüchtlingsaktivist über Abschiebeheime: „Die Angst verstärkt sich“
       
       > Tobias Klaus vom Verband für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge warnt
       > davor, Straftäter und Freiwillige in Heime nach Marokko abzuschieben.
       
   IMG Bild: „Man muss bedenken, dass es sich bei minderjährigen Flüchtlingen in erster Linie um Opfer handelt“
       
       taz: Deutschland will Heime für Minderjährige in Marokko bauen. Eine gute
       Idee? 
       
       Tobias Klaus: Wenn wir jetzt mit der Rückführung von unbegleiteten
       Minderjährigen beginnen, wird sich die Situation in den
       Jugendhilfeeinrichtungen dramatisch verschlechtern. Die Angst,
       zurückgeschickt zu werden, wird sich verstärken, und zwar bei allen
       Bewohnern dort.
       
       Das diffuse Angstgefühl führt schon jetzt zu einer integrationspolitischen
       Katastrophe. Man erreicht das Gegenteil dessen, was der Plan sein sollte:
       nämlich die Jugendlichen aus kriminellen Zusammenhängen herausholen, indem
       man ihnen eine Perspektive bietet.
       
       Durch die Angst vor der Abschiebung werden mehr Flüchtlinge abtauchen. Sie
       kommen nicht aus der Ausbeutungssituation raus und werden weiterhin zu
       Straftaten gezwungen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Man muss
       bedenken, dass es sich bei minderjährigen Flüchtlingen in erster Linie um
       Opfer handelt.
       
       Aber es geht doch nur um Straftäter und Freiwillige. 
       
       Um Rückführungsmaßnahmen öffentlich rechtfertigen zu können, werden oft
       zunächst Straftäter und freiwillige Rückkehrer rückgeführt. Aber diese
       Zielgruppe kann sich ziemlich schnell erweitern. Im Übrigen ist eine
       freiwillige Rückkehr von Minderjährigen nur unter strengen Bedingungen
       möglich: Der Jugendliche muss selbst bestätigen, dass er zurückwill. Das
       muss dann vom Vormund bestätigt werden. Und dann muss das Jugendamt noch
       feststellen, ob das Kindeswohl in der Heimat gesichert wird.
       
       Ich gehe daher davon aus, dass man in der Praxis hauptsächlich Straffällige
       in diese Rückführungszentren abschieben würde. Diese Jugendlichen werden
       sich jedoch vor ihrer Abschiebung dem regulären System entziehen und sich
       in die Illegalität flüchten.
       
       Gibt es irgendwo Erfahrungen mit einem solchen Projekt? 
       
       Etwas Vergleichbares ist mir bisher nicht bekannt. Es wird dazu führen,
       dass mehr Abschiebungen als bisher stattfinden. Natürlich gibt es
       juristische Bedenken: Insbesondere was die Gewährleistung des
       Kinderschutzes in einer Einrichtung angeht, die sich in Marokko befindet
       und von einem dortigen Träger geführt wird. Es stellt sich die Frage, wer
       die Kinderschutzstandards dort überprüfen soll.
       
       5 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Milan Panek
       
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