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       # taz.de -- Starautor unter Nazis: Nette Leute trifft er überall
       
       > Mitten im neurechten Netzwerk um Götz Kubitschek: In Schnellroda nahm der
       > US-Dramatiker Tuvia Tenenbom an einem Frühschoppen teil.
       
   IMG Bild: Bei Pegida war Götz Kubitschek auch schon (Archivbild aus dem Jahr 2015)
       
       Er liebt die Provokation. Gern geht er dorthin, wo andere nicht hingehen.
       Am vergangenen Samstag [1][suchte Tuvia Tenenbom] das Gespräch mit Götz
       Kubitschek. Kein Überraschungsbesuch beim neurechten Institut für
       Staatspolitik (IfS). Zum „Literarischen Frühschoppen“ war Tenenbom geladen
       worden, er ist gerade mit seinem aktuellen Buch „Allein unter Flüchtlingen“
       auf Lesereise. „Nice“ sei es gewesen, sagt der Journalist und Dramatiker
       der taz. Konfrontativ sei der Talk nicht verlaufen.
       
       Im Gasthof von Schnellroda, dem Ort, wo das IfS seinen Sitz hat, fand der
       „Frühschoppen“ statt. Eintritt 5 Euro. Ein Honorar habe er erhalten, plus
       Steuer, er sei schließlich in Deutschland, sagt Tenenbom in seiner bekannt
       lustig-lakonischen Art am Telefon. Dass die Teilnahme an Podien mit
       Akteuren aus dem Netzwerk der Neuen Rechten in der deutschen Debatte
       umstritten ist, weiß er. Dass die Annahme einer Einladung nicht minder
       strittig ist, weiß er ebenso.
       
       Seine Maximen sind bekannt und er wiederholt sie: Er höre sich alle
       Meinungen an, er rede mit allen, das gehöre zu einer Demokratie.
       Journalismus, der dies missachte, sei Aktivismus, sagt er.
       
       In Schnellroda dürfte diese Aussage mehr als gefallen haben. Die Idee zur
       Einladung des New Yorker Bestsellerautors scheint Ellen Kositza gehabt zu
       haben, die mit Kubitschek das IfS prägt. „Hundert Karten“ seien zu
       vergeben, warb sie zuvor auf „Sezession im Netz“ am 24. April. Auf dem Blog
       des IfS schreibt sie auch gleich, dass ihre Schwester in Berlin nach einer
       Lesung mit Tenenbom meinte: „absolut kultig!“
       
       Prompt scheint die Einladung offiziell vom Antaios Verlag, den Kubitschek
       leitet, erfolgt zu sein. Nicht allein die Maxime von Tenenbom kommt dem
       Netzwerk des IfS entgegen, auch seine Positionen dürften eine Einladung in
       Erwägung gebracht haben.
       
       ## Provokant-ironischer Stil
       
       In seinen Buch nimmt Tenenbom auch einen der Autoren aus dem Antaios Verlag
       in Schutz: [2][Akif Pirinçci], der wegen seinen radikalen Äußerungen zum
       Islam in die Kritik geraten ist. Der Autor der Katzenkrimis „Felidae“
       gehört mit seinen Sachbüchern wie „Umvolkung. Wie die Deutschen still und
       leise ausgetauscht werden“ und „Der Übergang. Bericht aus einem verlorenen
       Land“ mittlerweile zu den Hausautoren von Antaios.
       
       In seinem provokant-ironischen Stil würdigt Tenenbom ihn als „feinen
       Geist“. Kubitschek erscheint ihm als „netter Kerl“. „Nette Leute“ habe er
       nun auch in Schnellroda getroffen, sagt er. Die Runde sei fein gewesen,
       sagt er und erklärt: „Nazis gibt es in der Linken wie in der Rechten.“
       
       Bis Mittwochnachmittag hatten die Veranstalter keinen Bericht vom
       Frühschoppen in ihren Medien veröffentlicht. Den Event hat Benedikt Kaiser,
       der bei „Sezession im Netz“ publiziert, allerdings sofort am
       Veranstaltungstag gewittert. Mit Bildern vom Podium und Kurzkommentar.
       „Götz #Kubitschek in der Diskussion mit Tuvia #Tenenbom über
       Sendungsbewusstsein, Liberalismus, Rassismus“, schrieb er aus der laufenden
       Veranstaltung.
       
       Die Präsenz scheint Kubitschek indes heute zur Selbstinszenierung auch
       äußerst willkommen zu sein. 2007 schrieb er in „Provokation“ noch, dass
       eine Diskussion jenseits ihres Spektrums über ihre „Begründungen“ und
       „Handlungsantriebe“ keinen Sinn habe. „Nein, diese Mittel sind
       aufgebraucht, und von der Ernsthaftigkeit unseres Tuns wird Euch kein Wort
       überzeugen, sondern bloß ein Schlag ins Gesicht“, schrieb er in dem Text,
       den er aktuell in seinem Sammelband „Die Spurbreite des schmalen Grats“
       wieder veröffentlicht hat.
       
       Der Auftritt von Tenenbom hat indes schon Folgen. Eine Buchvorstellung in
       Leipzig fiel aus. Im Conne Island sollte sie stattfinden. Der
       Mitveranstalter, „Rassismus tötet“, sagte sie ab, da ein gewünschtes
       Statement von Tenenbom zu dem Auftritt in Schnellroda nicht erfolgt sei.
       
       10 May 2017
       
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