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       # taz.de -- Verdacht auf Marktmanipulation: Neue Ermittlungen bei VW
       
       > Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ermittelt einem Bericht zufolge gegen
       > den Konzernchef Matthias Müller. Die Aktionäre entlasten den Vorstand
       > dennoch.
       
   IMG Bild: Auf der Hauptversammlung der VW AG: Vorstandsvorsitzender Müller und Aufsichtsratschef Pötsch
       
       Hannover dpa | Mitten in die Aufarbeitung des VW-Abgas-Skandals auf der
       Hauptversammlung platzt die Nachricht über ein mögliches juristisches
       Nachspiel für VW-Konzernchef Matthias Müller: Die Stuttgarter
       Staatsanwaltschaft hat einem Medienbericht zufolge Ermittlungen gegen den
       Manager aufgenommen.
       
       Es geht um den Verdacht der Marktmanipulation, wie die „Wirtschaftswoche“
       berichtete. Allerdings bezieht sich der Vorwurf auf Müllers Tätigkeit als
       Vorstand der VW-Dachgesellschaft Porsche SE. Gleichzeitig warfen Aktionäre
       dem VW-Konzern auf der Hauptversammlung am Mittwoch mangelnde Transparenz
       vor: Der Autobauer lehnt einen ausführlichen Bericht zu
       Ermittlungsergebnissen der Anwaltskanzlei Jones Day in der Diesel-Affäre
       weiter ab. Bei Aktionären stieß dies auf deutliche Kritik.
       
       Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte, dass es Anzeigen der
       Finanzaufsicht Bafin gegen drei Manager wegen des Verdachts der
       Marktmanipulation gebe. Zu der Frage, ob inzwischen auch ermittelt werde,
       wollte er sich nicht äußern. Bei der Porsche SE hieß es, man habe keine
       Kenntnis von den Ermittlungen. Dem Bericht zufolge wird auch gegen
       VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch und den früheren VW-Konzernchef
       Martin Winterkorn ermittelt. Gegen diese beiden laufen bereits Ermittlungen
       der Staatsanwaltschaft Braunschweig.
       
       2015 deckten US-Behörden auf, dass Volkswagen in den USA die Abgasmessung
       von Dieselfahrzeugen manipuliert hat. Danach brach der Börsenkurs ein. Im
       Kern geht es um die Frage, ob die Firmenchefs rechtzeitig über die Probleme
       informiert haben. Volkswagen hat für die Kosten des Dieselskandals
       insgesamt bereits 22,6 Milliarden Euro verbucht.
       
       Pötsch sagte den versammelten Aktionären: „Mir ist bewusst, dass sich
       einige von Ihnen eine noch weitergehende Transparenz wünschen.“ Er betonte
       zu den Erkenntnissen der von VW beauftragten US-Anwaltskanzlei: „Einen
       schriftlichen Abschlussbericht von Jones Day gibt es nicht und wird es auch
       nicht geben.“ Über die gemeinsam mit dem US-Justizministerium
       veröffentlichte Faktensammlung („Statement of Facts“) hinaus werde es
       keinen gesonderten Bericht geben. Müller sagte, VW habe für Anwälte und
       anwaltliche Berater bisher einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag
       ausgegeben.
       
       ## Trotzdem entlastet
       
       Vielen Aktionären geht der Aufklärungswille von VW nicht weit genug. „Dass
       die Ergebnisse immer noch unter Verschluss sind, lässt vermuten, dass sie
       VW nicht gefallen“, sagte Andreas Thomae, Fondsmanager der
       Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka Invest, die auch Musterkläger im
       Musterverfahren von VW-Aktionären ist. „Ihr Verweis auf das „Statement of
       Facts“ ist inhaltlich unzureichend und nahezu beleidigend“, kritisierte
       Christian Strenger, Experte für ordnungsgemäße Unternehmensführung.
       
       Pötsch begründete das Vorgehen mit rechtlichen Risiken. Das Unternehmen
       stehe in der Verpflichtung, sich „nicht in Widerspruch zu den im „Statement
       of Facts“ angegebenen Fakten“ zu äußern. Der Konzern wolle daher keine
       zusätzlichen Ergebnisse veröffentlichen. „Alles andere wäre für Volkswagen
       unvertretbar riskant“, sagte Pötsch. „Wir als Vorstand und Aufsichtsrat von
       Volkswagen müssen alles tun, um weitere Schäden vom Unternehmen
       abzuwenden.“ Volkswagen-Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte mit Blick auf
       die Vorstände: „Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es nichts, was Organmitglieder
       belastet.“
       
       Bei der Hauptversammlung haben die Aktionäre des Volkswagen-Konzerns den
       Vorstand und Aufsichtsrat trotzdem entlastet. Dies teilte das Unternehmen
       am Mittwochabend in Hannover mit. Im vergangenen Jahr hatte sich der
       Volkswagen-Großaktionär Niedersachsen der Komplett-Entlastung des
       Konzernvorstands verweigert und sich bei den Abstimmungen zu Ex-VW-Chef
       Martin Winterkorn und VW-Markenchef Herbert Diess enthalten.
       
       11 May 2017
       
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