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       # taz.de -- Türkei verweigert Einreise: Abgeordnete dürfen nicht nach Incirlik
       
       > Eine Delegation des deutschen Verteidigungsausschusses wollte in die
       > Türkei fliegen. Nach der Absage wird nun ein Abzug der Soldaten
       > wahrscheinlich.
       
   IMG Bild: Ein Bundeswehr-Tornado in Incirlik
       
       Berlin taz | Der Verteidigungsausschuss des Bundestags muss seine für diese
       Woche geplante Delegationsreise nach Incirlik absagen. Die türkischen
       Behörden haben am Samstag die Bitte um eine Einreiseerlaubnis für die
       Abgeordneten abgelehnt. Wie die Bundesregierung den Obleuten des
       Ausschusses am Montag mitteilte, ist ein Grund dafür, dass die
       Bundesrepublik in den vergangenen Wochen mehreren türkischen Soldaten Asyl
       gewährt hatte, die nach dem gescheiterten Putschversuch aus der Armee
       entlassen worden waren.
       
       Vom südtürkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik aus fliegt die Bundeswehr
       Aufklärungseinsätze gegen den IS in Syrien und dem Irak. Die Delegation des
       Verteidigungsausschusses wollte nun in die Türkei reisen, um die dort
       stationierten deutschen Soldaten zu besuchen.
       
       Schon im vergangenen Jahr gab es monatelangen Streit um eine solche Reise:
       Im Frühsommer wollte damals eine Delegation des Verteidigungsausschusses in
       die Türkei fliegen, als Reaktion auf die umstrittene Bundestagsresolution
       zum türkischen Genozid an den Armeniern verweigerte Ankara aber die
       Genehmigung. Es folgten langwierige Verhandlungen – erst im Oktober durfte
       die Delegation dann nach Incirlik reisen.
       
       Sieben weitere Abgeordnete von CDU/CSU und Linkspartei, die den
       Luftwaffenstützpunkt im vergangenen Jahr alleine besuchen wollten,
       erhielten noch nicht mal eine Absage aus Ankara. Auf ihre Reiseanträge
       reagierte die türkische Regierung überhaupt nicht.
       
       ## Jordanien, Kuwait und Zypern
       
       Wegen der langen Diskussionen hatten Abgeordnete der Regierungsfraktionen
       zum Jahresende der Verlängerung des Einsatzes nur unter der Bedingung
       zugestimmt, dass das Verteidigungsministerium mögliche Alternativen zu
       Incirlik auskundschaftet. Das ist mittlerweile erfolgt: Der Bundesregierung
       zufolge könnte die Bundeswehr theoretisch auf Stützpunkte in Jordanien,
       Kuwait und Zypern ausweichen.
       
       Bislang lehnte die Regierung einen Umzug ab. Nach dem Einreiseverbot aus
       Ankara kommt nun aber Bewegung in die Debatte. Nach taz-Informationen hat
       die Bundesregierung den Abgeordneten gegenüber angedeutet, jetzt konkrete
       Gespräche über eine Verlegung aufzunehmen. Sollte die Türkei an ihrer Linie
       festhalten, soll der Abzug in den kommenden Wochen beschlossen werden.
       
       Ein Sprecher des Außenministeriums bestätigte am Vormittag, dass die
       Regierung über Alternativen nachdenkt. Wenn die Türkei bei ihrer Haltung
       bleibe, sei man „in einer Situation, in der wir uns Gedanken darüber machen
       müssen, andere Lösungen zu finden.“ Ein Sprecher des
       Verteidigungsministeriums kündigte konkrete Planungen für einen Umzug nach
       Jordanien an. Eine Verlegung von Soldaten und Material sei aber nicht von
       heute auf morgen zu machen, sondern würde mehrere Monate dauern.
       
       Der Druck aus dem Bundestag nimmt allerdings schon jetzt zu. Der
       Linken-Verteidigungspolitiker Alexander Neu forderte am Montag erneut, die
       Bundeswehr aus der Türkei abzuziehen. „Das würdelose Agieren der
       Bundesregierung ist der Preis für die geopolitisch geprägte deutsche
       Machtpolitik“, sagte er der taz. „Hinzu kommt der schändliche
       EU-Türkei-Deal, mit dem Flüchtlinge vom Erreichen der EU abgehalten werden
       sollen.“ Die Bundesregierung mache sich dadurch erpressbar.
       
       15 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Schulze
       
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