# taz.de -- Kolumne Macht: Man wird ja bescheiden
> Gemessen an den mittlerweile äußerst niedrigen Erwartungen: Trumps erste
> Auslandsreise hätte schlimmer verlaufen können.
IMG Bild: Die Air Force One auf dem Militärflughafen Melsbroek bei Brüssel
Eigentlich ist doch alles ganz gut gelaufen, jedenfalls gemessen an dem,
was hätte schief gehen können. Donald Trump hat schwierige Stationen seiner
ersten Auslandsreise gemeistert ohne einen Aufschrei zu provozieren. Die
Ansprüche waren allerdings nicht besonders hoch gewesen: „Die Latte liegt
so erstaunlich niedrig, dass es schon ein Triumph ist, wenn Trump deutlich
macht, dass er weiß, in welchem Land er sich befindet“, war in einem
bissigen Kommentar der New York Times zu lesen.
Den Eindruck konnte er erwecken, durchaus. Schon wahr: Die Atmosphäre bei
EU und NATO in Brüssel [1][war weniger herzlich] als Diplomaten aller
Seiten das im Vorfeld geplant hatten, aber aber die Verbündeten haben dem
US-Präsidenten dennoch signalisiert, dass sie zu Zugeständnissen bereit
sind. Trump und die Seinen dürften das als Erfolg sehen. Und ja, der
Eintrag ins Gästebuch der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem
war unangemessen flapsig, stellte aber wenigstens keine Verhöhnung der
Opfer dar. Man wird ja bescheiden.
Das ist genau das Problem. Wenn jemandem erst einmal alles zugetraut wird,
dann kommt der oder diejenige auch mit ziemlich vielem einfach so durch.
Der Auftritt von [2][Donald Trump in Saudi-Arabien] ist dafür ein gutes
Beispiel. Es ist dem US-Präsidenten dort gelungen, eine Rede vor
islamischen Staats-und Regierungschefs zu halten, ohne deren Religion ein
einziges Mal zu verunglimpfen. Immerhin. Angesichts seiner kruden Sprüche
in der Vergangenheit kann man das als beachtliche Leistung werten.
## Gut gegen Böse
Donald Trump ging es angeblich allein um den Kampf von Gut gegen Böse, und
er rief seine Zuhörer dazu auf, alles zu tun, um Terroristen zu bekämpfen.
Viele im Publikum werden das gerne gehört haben. Nichts tun sie lieber als
den Kampf gegen Terroristen zu führen, und Terroristen sind in den Augen
von Diktatoren – und davon waren für die Rede von Trump viele nach
Saudi-Arabien gereist – auch jene Leute, die anderswo Oppositionelle
genannt werden und keine anderen Waffen benutzen als Wort und Schrift.
Die Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten war
unmißverständlich: Ihm ist es egal, mit welchen Mitteln die Herrscher ihre
Politik in den eigenen Ländern durchsetzen, so lange sie in Fragen der
Sicherheitspolitik die Interessen der USA – oder was Trump dafür hält –
vertreten. Kein noch so harmloses Lippenbekenntnis zu den Menschenrechten
hat er abgelegt, und seine Haltung noch durch ein eindrucksvolles
Waffengeschäft mit Saudi-Arabien im Umfang von 110 Milliarden Dollar
unterstrichen.
Ausgerechnet Saudi-Arabien. Dessen radikale Auslegung des Islam Pate stand
bei der Entwicklung des Terrorismus, das den Jemen mit westlichen Waffen in
eine der schlimmsten humanitären Katastrophen der Gegenwart bombt und wo
Enthauptungen und Auspeitschungen ganz selbstverständlich zum Strafkatalog
gehören.
Fällt das jemandem in den USA auf? Ja, natürlich fällt das auch in den
Vereinigten Staaten auf. Zum Beispiel Fachleuten für den Nahen Osten,
Menschenrechtsaktivisten und Außenpolitikern. Aber sonst? In der breiten
Öffentlichkeit interessieren sich dafür erheblich weniger Leute als für die
Russland-Affäre oder die Entlassung des FBI-Chefs.
Die Rechtsanwaltsgehilfin Jen Kenyon-Griesbaum aus Buffalo – keine
Anhängerin von Trump, aber überzeugte Republikanerin – erschrickt, als ich
sie sie frage, wie sie das Schweigen ihres Präsidenten zur
Menschenrechtslage findet: „Ich schäme mich dafür, aber ich habe das bisher
gar nicht gemerkt“. Sie fände es völlig unakzeptabel, aber sie sei nur
dankbar gewesen, dass Donald Trump im Ausland sich keine Peinlichkeiten
geleistet habe.
Niedrige Erwartungen können mächtige Verbündete sein. Die Popularitätswerte
des Präsidenten steigen gerade. Nur ein bißchen, aber immerhin.
26 May 2017
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## AUTOREN
DIR Bettina Gaus
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