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       # taz.de -- Studie über Trump-Berichterstattung: So macht man Fake News
       
       > Die ARD berichtet fast ausschließlich negativ über Trump, behaupteten
       > diese Woche einige Medien. Das ist nicht wirklich richtig.
       
   IMG Bild: Ist dies ein „negativer“ Bericht, weil wir Mrs. Trump in Trauer zeigen?
       
       Berlin taz | „Forscher haben herausgefunden …“, hat man schnell getitelt.
       Länger dauert es, wissenschaftliche Studien genau zu lesen und kritisch zu
       hinterfragen. Und so titelte welt.de am Dienstag: „Nirgendwo kommt Trump
       schlechter weg als im deutschen Fernsehen“.
       
       Dahinter steckt eine [1][Studie] von MedienforscherInnen an der Universität
       Harvard, genauer vom „Shorenstein Center on Media, Politics and Public
       Policy“. Die hatten sieben US-amerikanische und drei europäische
       Nachrichtenmedien danach untersucht, wie viel über US-Präsident Donald
       Trump in dessen ersten 100 Tagen im Amt berichtet worden war, über welche
       Themen – und wie der Präsident dabei wegkam.
       
       Und dabei stellten die ForscherInnen fest: Bei der ARD waren 98 Prozent der
       Berichte über Trump negativ. Das zumindest suggeriert eine peppig-bunte
       Grafik, die in der Studie vorkommt und die die Welt übernahm. Die ARD als
       erklärte Trump-Feindin.
       
       Es nicht ganz so einfach. Die WissenschaftlerInnen untersuchten, wie
       Berichte aus Sicht des Protagonisten – also Trump – ausfielen. Jeder
       Bericht, in dem der Präsident eher schlecht wegkam, und sei es nur durch
       die Umstände der Nachricht selbst, wurde als negativ gezählt. Die Nachricht
       etwa, dass Trump mit seinem Einreiseverbot Ende Januar gescheitert ist,
       wäre eine negative – obwohl es sich um eine schlichte Wiedergabe der
       Tatsachen handelt.
       
       ## Drei Medien untersucht
       
       Zudem waren in der Grafik „neutrale“ Berichte – also solche, die aus Trumps
       Sicht weder erfreulich noch ärgerlich sind – einfach nicht mitgezählt. Im
       Kleingedruckten steht aber, dass diese Berichte rund ein Drittel der
       untersuchten ausmachten. Nimmt man diese mit in Betracht, dann waren gerade
       mal 65 Prozent aller ARD-Berichte „negativ“, wobei das noch nicht einmal
       heißt, dass sie wertend negativ waren.
       
       Dazu lohnt es, sich vor Augen zu führen, dass genau drei Medien in Europa
       überhaupt untersucht worden sind: Die Financial Times, die BBC in
       Großbritannien und die ARD. Ende. Nimmt man all das zusammen, ist es ein
       weiter Weg bis zu der Behauptung, nirgendwo komme Trump schlechter weg als
       im deutschen Fernsehen – oder niemand berichte negativer über ihn als die
       ARD, wie der Branchendienst Meedia [2][titelte]. Aber die Zeilen sind auch
       einfach zu schön, um sie mit einem großen Aber kaputtzumachen.
       
       Welt.de hat seinen Text nach viel Kritik inzwischen [3][korrigiert], noch
       immer steht dort aber „98 Prozent der wertenden Berichte“ seien negativ
       gewesen, was weiterhin irreführend ist, weil es auch um neutrale
       Nachrichten geht, die mit aller journalistischen Sorgfalt und
       Ausgewogenheit erstellt wurden – aber die Donald Trump trotzdem missmutig
       stimmen würden. Meedia.de hat einen Absatz ergänzt, der die Methodik der
       Studie erläutert und die ARD zu Wort kommen lässt. An der Zeile hat sich
       jedoch nichts geändert.
       
       Die Harvard-ForscherInnen haben es geschafft, zum richtigen Zeitpunkt eine
       Studie ins politische Geschehen zu werfen, die mit geschickt aufbereiteten
       Grafiken spannende Erkenntnisse suggeriert. Das Problem ist, dass die
       Nachricht schnell in sich zusammenfällt. Was übrig bleibt, ist ein Bericht,
       an dessen Aussagekraft man zweifeln muss. Und das, obwohl „Harvard“ im
       Namen steht. Donald Trump würde sich freuen, auf die nächste Kamera zeigen
       und rufen: „Ja Leute, so macht man Fake News.“
       
       25 May 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://shorensteincenter.org/news-coverage-donald-trumps-first-100-days/#Introduction_and_Methodology
   DIR [2] http://meedia.de/2017/05/23/harvard-studie-keiner-berichtete-negativer-ueber-donald-trump-als-die-ard/
   DIR [3] https://www.welt.de/politik/ausland/article164798817/Nirgends-kommt-Trump-schlechter-weg-als-im-deutschen-Fernsehen.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Peter Weissenburger
       
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