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       # taz.de -- Relegation zur 2. Fußball-Bundesliga: A windig's G'schäft
       
       > Wenn Jahn Regensburg und der TSV 1860 München in der Relegation um einen
       > Platz in der Zweiten Liga kämpfen, geht es nicht nur um Fußball.
       
   IMG Bild: Es kann nur einen geben: 1860-Boss Hasan Ismaik
       
       Nein, man muss sich nicht für dieses Spiel interessieren. Der TSV 1860
       München spielt gegen den SSV Jahn Regensburg um einen Platz in der 2.
       Fußballbundesliga. Wer sich in die taktischen Möglichkeiten, besser
       Beschränktheiten dieser Teams einarbeiten möchte, bitte sehr. Ein paar
       Nerds werden sich gewiss finden, die etwas sagen können über die Stärken
       von Jahn Regensburg oder das spezielle Unvermögen der Münchner Löwen.
       Sollen sie. Und doch gibt es gute Gründe, sich näher mit dieser Partie zu
       beschäftigen.
       
       Der erste führt direkt ins Gefängnis. Dort saß bis Ende Februar der
       Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs in Untersuchungshaft. Der
       dringende Tatverdacht der Bestechlichkeit gegen den Mann, der der CSU 2014
       die Amtskette abgejagt hatte, besteht noch immer. Es liest sich wie ein
       Mafia-Krimi, was da seit Wolbergs’ Verhaftung im Juni 2016 berichtet wird.
       Ein Baulöwe spielt neben dem suspendierten Oberbürgermeister die
       Hauptrolle.
       
       Orte der Handlung sind ein wertvolles Grundstück, auf dem früher die
       Nibelungenkaserne stand und ein Restaurant, das Du Lac, in dem der Baulöwe,
       den man getrost als Paten bezeichnen kann, Geschäfte eingefädelt hat. Der
       Baulöwe wollte unbedingt an das Grundstück. Und so soll der Baulöwe
       Wolbergs’ SPD-Ortsverein mehr als 300.000 Euro zugeschanzt haben, Wolbergs
       persönlich soll auch profitiert haben, und weil er dachte, dass es immer
       gut ankommt, wenn der Oberbürgermeister einer Stadt etwas für seinen
       Fußballklub tut, hat er sich von dem Baulöwen noch zusichern lassen, dass
       er den klammen Jahn unterstützt.
       
       Der hat zwar schon dreimal jeweils ein Jahr in der 2. Bundesliga gespielt,
       ist aber vor allem wegen eines bizarren Streits mit dem kommunalen
       Stromanbieter Rewag in Erinnerung geblieben. Der hatte dem Klub eines Tages
       im Jahr 2009 den Strom abgedreht, weil er vergeblich auf eine vereinbarte
       Vorauszahlung in fünfstelliger Höhe gewartet hatte. Der Klub selbst sah
       sich im Recht und behauptete, die Rewag sei ihren Sponsorenverpflichtungen
       nicht nachgekommen.
       
       Die Stadt selbst hat dem Verein ein mittlerweile handelsübliches
       Zweitligastadion für über 50 Millionen Euro neben eine Autobahnausfahrt am
       Stadtrand bauen lassen und würde sich über einen Aufstieg aus der 3. Liga
       sicher auch deshalb freuen, weil die Bäderbetriebe der Kommune, die das
       Stadion betreiben, nicht ganz so viel für den Betrieb des Stadions
       draufzahlen müssten wie in den vergangen Jahren seit der Errichtung der
       15.000-Zuschauer-Arena. Die Rewag, die immer noch mehrheitlich der Kommune
       gehört, ist inzwischen übrigens wieder Partner des Jahn.
       
       Finstere Geschichten von Mäzenen, Gegengeschäften und von kommunalen
       Gesellschaften gepäppelten Klubs, wie sie in Regensburg geschrieben wurden,
       gehören seit jeher zur Historie des professionellen Fußballs in
       Deutschland. Und weil auch beim TSV 1860 München über die Jahre eine
       Vielzahl solcher Geschichten geschrieben wurden, hätte es für die Freunde
       der gepflegten Misswirtschaft gar kein besseres Relegationsduell geben
       können als das zwischen dem TSV 1860 München und Jahn Regensburg.
       
       Hätte es all die Vorkommnisse um die totale Machtübernahme des jordanischen
       Milliardärs Hasan Ismaik bei den Löwen in der abgelaufenen Spielzeit nicht
       gegeben, die Saison in der 2. Bundesliga wäre wohl stinklangweilig gewesen.
       Die manchmal nachvollziehbaren, meist aber willkürlichen Entlassungen von
       Trainern, Sportdirektoren, Geschäftsführern und auch Spielern in München
       hatten es in sich und weckten bei notorischen Fußballnostalgikern
       Erinnerungen an legendäre Gestalten des deutschen Profifußballs wie jenen
       Klinikbesitzer Günter Eichberg, der einst über Schalke 04 herrschte, oder
       Fortuna Kölns langjährigen Mäzen Jean Löring, der einen Trainer in der
       Halbzeitpause eines Spiels entlassen hat und dem es dabei gar nichts
       ausgemacht hat, dass es sich bei diesem um den ehemaligen Nationaltorhüter
       Toni Schumacher handelte.
       
       Ismaik gilt mittlerweile als Sinnbild des bösen Investors, der den guten,
       alten deutschen Klubfußball dereinst zerstören könnte, was vielleicht auch
       daran liegt, dass er aus dem „Morgenland“ (Uli Hoeneß) kommt. Dabei wimmelt
       es in der Bundesligageschichte von Typen, die viel Geld in einen Verein
       gepumpt oder auch nur versprochen haben.
       
       Unvergessen sind halbseidene Typen wie der Boxpromoter Rolf-Jürgen Otto,
       der 1993 Präsident von Dynamo Dresden wurde und den Klub sowie sich selbst
       in den Ruin manövriert hat. Eindruck hinterlassen hat auch Hans-Joachim
       Doerfert, der Präsident von Eintracht Trier, der es schaffte, Gelder der
       Caritas an seinen Klub, an den FSV Salmrohr, Waldhof Mannheim und den 1. FC
       Saarbrücken weiterzuleiten.
       
       Der Profifußball war immer ein windiges Geschäft. Jahn Regensburg und 1860
       München sind also zwei würdige Vertreter der Branche. Ihre wilden
       Geschichten haben jetzt schon Eingang gefunden in die Fußballhistorie. Das
       sportliche Ergebnis der Relegation hat darauf keinen Einfluss.
       
       26 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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