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       # taz.de -- China will Methanhydrat abbauen: Brennbares Eis
       
       > Methanhydrate aus der Tiefsee könnten den Energiebedarf der nächsten
       > Jahrhunderte decken. Für das Klima wäre der Abbau verheerend.
       
   IMG Bild: Heißer Schatz: Methanhydrat könnte den Energiebedraf für 1.000 Jahre decken
       
       Peking taz | Seit Jahren streiten China und die Staaten Ostasiens ums
       Südchinesische Meer. Den Anrainerstaaten geht es bei diesem Konflikt
       keineswegs nur um die Kontrolle eines der meistbefahrenen Gewässer der
       Welt. Immer wieder führen sie auch angebliche Rohstoffvorkommen als Grund
       für ihr Begehren an. Was tatsächlich an Schätzen in der Tiefe schlummert,
       war bislang allerdings nicht so recht erwiesen. Nun sind die Chinesen
       fündig geworden.
       
       Eigenen Angaben zufolge ist China erstmals der Abbau von sogenanntem
       brennbaren Eis gelungen. Auch bekannt als Methanhydrat, handelt es sich
       dabei um ein Gemisch aus Eis und Methan. Chinas amtliche Nachrichtenagentur
       Xinhua berichtet, chinesische Forscher hätten seit Ende März im
       Südchinesischen Meer in einer Tiefe von bis zu 1.266 Metern gebohrt und
       täglich rund 16.000 Kubikmeter von dem kostbaren Stoff fördern können. Der
       chinesische Minister zuständig für Rohstoffe, Jiang Daming, spricht von
       einem „großen Durchbruch“. Er werde zu einer „globalen Energiewende“
       beitragen.
       
       Methanhydrate treten in der Tiefe in Klumpenform auf. An der Erdoberfläche
       hingegen zerfällt das Gemisch ohne Kühlung schnell in seine Bestandteile
       Wasser und Gas. Was Methanhydrat so attraktiv macht: Wird es entzündet,
       entsteht eine lange brennende Flamme. Es handelt sich also um hochwertiges
       Erdgas zur Energiegewinnung.
       
       Zumindest in bestimmten Tiefen ist das Meer voll davon. Schätzungen
       US-amerikanischer Geologen zufolge könnte auf dem Meeresgrund zehnmal so
       viel Erdgas in Form von Methanhydrat lagern als in allen herkömmlichen
       Gasquellen zusammen. Der Energiebedarf von über 1.000 Jahren wäre gedeckt –
       für die gesamte Menschheit.
       
       ## „Käfig aus Wassermolekülen“
       
       Doch Methanhydrate werden nur in bestimmten Meeresgegenden vermutet.
       Hydrate halten sich nur unter niedrigen Temperaturen und hohen
       Druckstärken, also erst unterhalb einer Wassertiefe von 500 Metern. Als
       vielversprechend gilt ihr Vorkommen vor allem an den Stellen, wo die
       Küstensäume rasch in die Tiefsee übergehen. Denn Methan wiederum entsteht
       meist nur in Küstennähe, wo genug Nährstoffe ins Meer gelangen. Die
       Mikroorganismen sterben ab, sinken zu Boden und werden im Schlamm begraben.
       Im Meeressediment geht das Gas dann mit dem kalten Wasser eine extrem
       dichte Mischung ein. Chinesische Forscher sprechen von einem „eigenen Käfig
       aus Wassermolekülen, in dem jedes Gasmolekül praktisch sitzt“. Ein
       Kubikmeter Methanhydrat kann so bis zu 160 Kubikmeter Gas speichern.
       
       Das Hauptproblem: Das tief im Meeresboden sitzende Methangas ist bislang
       nur unter äußerst schwierigen Bedingungen abzubauen. Dafür müssen Löcher in
       die Hydratschichten am Meeresgrund gebohrt werden. Pumpen müssen den Druck
       senken. Erst dann kann das Gas kontrolliert entweichen. In den Tiefen der
       See ist das ein höchst aufwändiges Verfahren.
       
       Bislang war das nur japanischen Forschern gelungen. Wegen des großen
       Aufwands hat Japan bislang aber vom kommerziellen Abbau abgesehen. Denn
       unter Wasser müssten dafür fußballfeldgroße Unterwasserfabriken entstehen.
       Auch Südkorea bemüht sich um diese Technik, hat eigenen Angaben aber noch
       keinen Durchbruch erzielt.
       
       Zudem ist Methangas extrem klimaschädlich. Wird das Gas nicht verbrannt,
       sondern entweicht in die Atmosphäre, hat es eine 25-mal so starke
       Treibhauswirkung wie Kohlendioxid. Umweltschützer befürchten beim Abbau von
       Methan im Meer daher nicht nur große Zerstörungen in der Tiefsee, sondern
       verhängnisvolle Auswirkungen auf den Klimawandel.
       
       25 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
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