URI: 
       # taz.de -- Jared Kushners Kontakte nach Russland: Ein nicht ganz idealer Schwiegersohn
       
       > Er gilt als einer der engsten Berater des Präsidenten. Doch jetzt gerät
       > der 36-Jährige in arge Bedrängnis. Die Zahl seiner Feinde wächst.
       
   IMG Bild: Die Luft wird dünner an der Spitze
       
       Der Präsident hält ihn für unübertrefflich. „Wenn Jared es nicht schafft,
       dann kann es niemand“, hat Donald Trump einmal über seinen Schwiegersohn
       gesagt. Er hat Jared Kushner, der weder politische noch internationale
       Erfahrung mitbrachte, zu seinem Berater für alles gemacht. Hat ihm ein Büro
       im Westflügel des Weißen Hauses gegeben, hat dafür gesorgt, dass er Zugang
       zu den größten Geheimnissen des Landes hat, lässt von ihm Waffendeals
       einfädeln und diplomatische Kontakte anbahnen und folgt seinen Empfehlungen
       bei Einstellungen und Entlassungen.
       
       Doch seit das FBI den 36-Jährigen als eine „Person von Interesse“
       betrachtet, ist der Berater für alles zu einer Belastung geworden. Kushner
       soll, so verlautet aus der Gerüchteküche in Washington, die seit dem
       Amtsantritt von Donald Trump lauter denn je rumort, noch vor Trumps
       Amtsantritt versucht haben, [1][geheime Kontakte nach Moskau anzubahnen].
       
       Er möge erst einmal auf Tauchstation gehen, empfehlen republikanische
       Strategen ihm jetzt. So haben es vor Kushner schon andere Trump-Mitarbeiter
       gehalten. Kellyanne Conway etwa verschwand zeitweilig, als sie wegen ihrer
       „alternativen Fakten“ unter Beschuss geriet, ebenso Sean Spicer, der als
       Sprecher für seinen Präsidenten herumgedruckst hat. Einen anderen Weg hat
       der Exberater für die nationale Sicherheit, Michael Flynn, vorexerziert. Er
       hat so lange über seine Russlandkontakte gelogen, bis er zurücktreten
       musste.
       
       Kushner ist ein anderes Kaliber. Er steht Donald Trump sowohl familiär als
       auch beruflich näher. Allenfalls die älteste Präsidententochter, Ivanka,
       die ebenfalls ein Büro im Westflügel des Weißen Hauses hat, kann neben ihm
       bestehen. Sie ist diejenige, die Kushner in die Familie eingeführt hat.
       
       Wenn der nicht einen Schritt neben seinem Boss und Schwiegervater steht,
       dann schreitet Kushner händchenhaltend mit ihr über einen Rasen oder roten
       Teppich. Bevor Ivanka Trump im Jahr 2009 Jared Kushner heiratete, trat sie
       vom Protestantismus ihres Vater zum orthodoxen Judentum ihres Mannes über.
       An den Samstagen sind in ihrem Haushalt in Washington die elektrischen
       Geräte abgeschaltet und das Paar klinkt sich aus der Politik aus – es sei
       denn, der Präsident braucht sie. In solchen Fällen holen die beiden eine
       Sondererlaubnis von einem orthodoxen Rabbiner ein.
       
       ## Elegant und doch grob
       
       Donald Trump und sein Schwiegersohn kommen aus derselben New Yorker Welt.
       Beide waren bereits steinreich, als sie geboren wurden. Und beide haben
       ihr Vermögen mit Immobiliengeschäften vergrößert. Gemeinsam ist ihnen auch,
       dass sie es verstanden, die Medien zu nutzen, um ihren Einfluss in New York
       City auszubauen. Beide haben lange mit den Demokraten geliebäugelt und
       ihnen Geld gespendet, bevor sie auf einem republikanischen Ticket ins Weiße
       Haus einzogen.
       
       In ihrem persönlichen Auftreten allerdings sind sie unterschiedlich. Was
       Trump mit lautem Getöse tut, erledigt Kushner mit zurückhaltender Eleganz.
       Doch das ändert nichts daran, dass auch der Jüngere grob im Umgang sein
       kann. Darüber können sowohl Mieter in seinen heruntergekommenen Wohnungen
       in Baltimore, die von seinen Anwälten mit Klagewellen verfolgt werden, als
       auch ehemalige Beschäftigte in seiner New Yorker Zeitung berichten.
       
       Im Weißen Haus ist Kushner, ohnehin ein langer, blasser Lulatsch, noch
       dünner geworden. Wenn er Stress hat, sagen seine Kollegen, dann „vergisst
       er das Essen“. Er wirkt immer noch wie ein soeben der Jugend entwachsener
       Mann. Doch Kushner muss bereits seit elf Jahren wie ein Familienvorstand
       agieren. Als er 25 war, kam sein Vater wegen krimineller Machenschaften ins
       Gefängnis. Der Immobilienhändler Charles Kushner war wegen illegaler
       Parteispenden und Steueraffären ins Visier der Ermittler geraten.
       
       Sohn Jared übernahm das Geschäft. Seine erste große Investition und
       zugleich der Moment, an dem er die Branche auf sich aufmerksam machte, war
       der bis dahin teuerste Immobilienkauf in New York. Für die Hausnummer 666
       an der Fifth Avenue zahlte er 1,8 Milliarden Dollar. Das war im Jahr 2008,
       kurz vor dem Platzen der Immobilienblase. Die Schulden machen dem
       Unternehmen bis heute zu schaffen.
       
       Jared Kushner besuchte seinen Vater jeden Samstag im Gefängnis in Alabama.
       Und er machte den damaligen Staatsanwalt und heutigen Gouverneur Chris
       Christie für das Schicksal seines Vaters verantwortlich. Im Wahlkampf war
       Christie einer der engsten Partner von Trump und galt lange als
       potenzieller Vizepräsident. Doch Kushner sorgte dafür, dass Christie und
       sämtliche Christie-Getreuen verdrängt wurden.
       
       ## Chef des Wahlkampfs
       
       Neben Immobiliengeschäften stieg Kushner in New York auch ins
       Mediengeschäft ein. Für 10 Millionen Dollar kaufte er den New York
       Observer. Seither verschliss er dort mehrere Chefredakteure und ließ
       Reporter über Themen arbeiten, die ihn persönlich interessierten. Unter
       anderem sollten sie konkurrierende Immobilienspekulanten ins Visier nehmen.
       
       Als Trump wegen seiner Kontakte zur radikal rechten Szene im Wahlkampf
       attackiert wurde, griff Kushner im Juli 2016 selbst zur Feder und
       bescheinigte seinem Schwiegervater, dass er weder rassistisch noch
       antisemitisch sei. Als Kronzeugen benutzte Kushner seine Großeltern, die in
       Weißrussland den Holocaust überlebt hatten und 1949 in die USA eingewandert
       waren. Einen Tag nach Trumps Wahlsieg, am 9. November vergangenen Jahres,
       stellte Kushner den Printbetrieb ein. Seither erscheint der New York
       Observer nur noch im Internet.
       
       So lange Trump kandidierte und sein Wahlsieg unwahrscheinlich schien,
       operierte Kushner weitgehend im Hintergrund. Aber intern galt er schon
       damals als der eigentliche Chef des Wahlkampfes. Er organisierte Trumps
       Auftritte in den sozialen Medien. Er bereitete den Überraschungsbesuch von
       Trump in Mexiko-Stadt vor. Und er sorgte für die Entlassung eines lästig
       gewordenen Wahlkampfchefs.
       
       Daneben führte Kushner, wie jetzt bekannt geworden ist, auch geheime
       Gespräche mit russischen Offiziellen. Unter anderem traf er sich mit Sergej
       Gorkov, dessen im Kreml gut vernetzte Vnesheconombank, von der Regierung
       Obama wegen des Verdachts des Hackings mit Sanktionen bedacht worden war.
       Und er unterhielt sich – unter anderem im Dezember 2016 im Trump Tower in
       New York – mit dem russischen Botschafter Sergej Kisljak. Bei der
       Gelegenheit soll Kushner den Russen gebeten haben, einen geheimen
       Kommunikationskanal zwischen der Trump-Kampagne und Moskau anzulegen.
       
       ## Geheimere Geheimkanäle
       
       Trumps Verbündete argumentieren, dass Geheimkanäle eine wichtige Rolle in
       der Diplomatie spielen. Was dem Schwiegersohn und Chefberater jedoch
       nachträglich zum Verhängnis werden könnte, ist, dass er versuchte, den
       Kontakt an den US-Geheimdiensten vorbei zu organisieren. Aus deren Kreisen
       kommen nun auch die belastenden Hinweise. Michael Hayden, ehemaliger CIA-
       und NSA-Chef in Personalunion, tadelt öffentlich das Auftreten von Trumps
       Schwiegersohn.
       
       Neuerdings hat Kushner auch Feinde im FBI, wo es als ausgemachte Sache
       gilt, dass er sich für die Entlassung von Direktor James Comey eingesetzt
       hat. Im Weißen Haus hält der Boss noch zu ihm. „Jared tut großartige Arbeit
       für unser Land. Ich habe volles Vertrauen zu ihm“, erklärte Trump der New
       York Times nach seiner Rückkehr aus Europa. Aber der Kronprinz und Berater
       für alles hat entschiedene Gegner. Einer von ihnen ist der Nationalist
       Steve Bannon, für dessen Entlassung Kushner sich in der Vergangenheit
       vergeblich eingesetzt hat.
       
       Von außerhalb drängt die Demokratische Partei, die Kushner lange für einen
       der ihren gehalten hat, auf seine Degradierung. Eine Petition verlangt,
       dass ihm der Zugang zu den allmorgendlichen Geheimdienstbriefings im Weißen
       Haus verboten werden soll. Und der langjährige demokratische Parteistratege
       Paul Begala, der schon Bill Clinton und Hillary Clinton beraten hat, rät
       ihm: „Lüg nicht. Sie werden dich erwischen“.
       
       30 May 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Russland-Kontakte-der-US-Regierung/!5415620
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dorothea Hahn
       
       ## TAGS
       
   DIR Jared Kushner
   DIR Donald Trump
   DIR Russland
   DIR Wahlkampf
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR James Comey
   DIR James Comey
   DIR NSA
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR Ivanka Trump
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR Schwerpunkt USA unter Donald Trump
   DIR Donald Trump
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Entscheidung im US-Repräsentantenhaus: Neue Sanktionen gegen Russland
       
       Es ist ein Signal an Präsident Trump: Die Abgeordneten wollen seiner
       Russland-Politik Grenzen setzen. Es gibt aber auch Kritik an der
       Entscheidung.
       
   DIR Aussage des Ex-FBI-Chefs belastet Trump: Comey bekräftigt Vorwürfe
       
       James Comey packt aus. Öffentlich belastet er den US-Präsidenten schwer.
       Donald Trump fühlt sich trotzdem bestätigt.
       
   DIR Nach Turbulenzen um Russland-Kontakte: Trump ernennt neuen FBI-Chef
       
       Der Kandidat Christopher Wray hatte früher eine wichtige Position im
       Justizministerium inne. Dort war er mit Anti-Terror-Maßnahmen nach 9/11
       betraut.
       
   DIR Nach Veröffentlichung über NSA: Mögliche Whistleblowerin angeklagt
       
       Eine 25-Jährige soll der Plattform „The Intercept“ vertrauliche
       Informationen der NSA zugespielt haben. Das US-Justizministerium hat die
       Klage eingereicht.
       
   DIR USA-Russland-Affäre vor Ausschüssen: Trumps Anwalt geladen
       
       Anwalt Michael Cohen war jahrelang für die Trump Organization tätig.
       Ebenfalls aussagen soll der Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn.
       
   DIR Russland-Kontakte der US-Regierung: Kushners Telefonleitung
       
       Trumps Berater soll mit dem russischen Botschafter nicht nur im Wahlkampf
       Kontakt gehabt haben. Danach sollen noch weitere Gespräche geführt worden
       sein.
       
   DIR Russland-Affäre in den USA: Jared Kushner im Visier
       
       Im Zuge der FBI-Ermittlungen zur Russland-Affäre ist nun auch Trumps
       Schwiegersohn unter näherer Beobachtung. Ein Gericht bestätigt das Verbot
       des Muslimban.
       
   DIR Trump und Russlandkontakte: Ex-FBI-Chef Comey wird aussagen
       
       Eine Person aus Trumps innerem Zirkel soll im Visier der Ermittler stehen.
       Comey will öffentlich vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen.
       
   DIR Spitzenberater im Weißen Haus: Trump sucht Rat in der Familie
       
       Donald Trump ernennt seinen Schwiegersohn Jared Kushner zu seinem
       Spitzenberater. Das ist nicht nur ethisch umstritten, sondern auch
       juristisch grenzwertig.