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       # taz.de -- Deutsche Soldaten in der Türkei: Noch eine Warteschleife mehr
       
       > Nun wächst die Ungeduld: Die SPD-Fraktion erhöht im Konflikt um den
       > türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik den Druck.
       
   IMG Bild: Deutsche Tornados in Incirlik
       
       BERLIN taz | Die Große Koalition schiebt den Abzug der Bundeswehr aus dem
       [1][türkischen Incirlik] weiter vor sich her: Bundeskanzlerin Angela Merkel
       sagte am Dienstag, im Streit um das Besuchsrecht werde zwar „in Richtung
       der nächsten Sitzungswochen“ des Bundestags eine Entscheidung fallen.
       Vorher aber sollten „noch einmal Gespräche geführt werden“. Geplant ist,
       dass Außenminister Sigmar Gabriel [2][einen allerallerletzten
       Schlichtungsversuch] unternimmt.
       
       In der vergangenen Woche war bereits der allerletzte Versuch gescheitert:
       Beim Nato-Gipfel in Brüssel wollte Merkel den türkischen Präsidenten Recep
       Tayyip Erdoğan überzeugen, deutschen Abgeordneten den Besuch bei den
       deutschen Soldaten in Incirlik doch zu erlauben. Das Gespräch fand zwar
       statt, [3][geholfen hat es aber nichts].
       
       Während die Unionsfraktion nun die neue Frist unterstützt, wächst in der
       SPD die Ungeduld: Am Dienstag verabschiedete die Fraktion einstimmig eine
       Erklärung, in der sie die Bundesregierung dazu auffordert, „unverzüglich
       die Verlegung einzuleiten“. Von der Verteidigungsministerin wünschen sich
       die Abgeordneten als ersten Schritt „einen Verlegeplan für die
       Bundeswehreinheiten in Incirlik“. Formell erzwingen will die Fraktion die
       Verlegung aber nicht.
       
       Dabei wäre es für den Bundestag rechtlich möglich, die Bundeswehr
       abzuziehen – auch gegen den Willen der Bundesregierung. Das Prinzip der
       Parlamentsarmee sieht nicht nur vor, dass die Abgeordneten ein Mandat
       beschließen müssen, ehe die Armee in den Einsatz zieht. Es gibt ihnen auch
       das Recht, einen laufenden Einsatz jederzeit abzubrechen. „Der Bundestag
       kann die Zustimmung zu einem Einsatz bewaffneter Streitkräfte widerrufen“,
       heißt es im Parlamentsbeteiligungsgesetz.
       
       ## Schnelle Entscheidung gesucht
       
       Die Opposition wollte diesen Passus bereits vor zwei Wochen nutzen. Im
       Bundestag stellten Linkspartei und Grüne Mitte Mai einen gemeinsamen
       Antrag, der mit zwei Sätzen auskam: „Die Bundeswehr ist eine
       Parlamentsarmee und die parlamentarische Kontrolle muss zu jedem Zeitpunkt
       möglich sein. Die Bundeswehr wird daher mit sofortiger Wirkung vom Standort
       Incirlik (Türkei) abgezogen.“
       
       Nach einer halbstündigen Debatte im Plenum stimmten SPD und Union damals
       dafür, die Entscheidung über den Antrag zu vertagen. Sie überwiesen ihn an
       den Auswärtigen Ausschuss, der am Mittwoch darüber beraten wird. Für einen
       endgültigen Beschluss müsste der Ausschuss den Antrag dann wieder zurück
       ins Plenum schicken. Gibt es für diesen Schritt eine Mehrheit, könnte der
       Bundestag theoretisch noch in dieser Woche final über den Abzug abstimmen.
       
       Grüne und Linke forderten die SPD am Dienstag auf, jetzt tatsächlich eine
       schnelle Entscheidung zu treffen und notfalls auch gegen die Union für den
       Antrag zu stimmen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der
       taz, wegen des Besuchsverbots müssten die Soldaten aus Incirlik abgezogen
       werden. „Ich freue mich, dass diese Erkenntnis nun auch bis zur
       SPD-Fraktion durchgedrungen ist. Nun bin ich gespannt, ob die SPD zu ihrem
       Wort steht. Sie muss im Plenum mit uns für einen Abzug stimmen.“
       
       Linken-Chefin Katja Kipping forderte die Koalitionsfraktionen auf, ihren
       Abgeordneten keine Vorgabe zu machen: Eine mögliche Abstimmung über den
       Abzug solle „eine freie Gewissensentscheidung ohne Koalitionszwänge“ sein.
       
       30 May 2017
       
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