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       # taz.de -- Treffen zwischen Trump und Erdoğan: Ganz hohe Latte
       
       > Für das Treffen mit dem US-Präsidenten hat Erdoğan hohe Ansprüche
       > formuliert. Bisher kamen seine Verhandler nur mit lauen Kompromissen
       > zurück.
       
   IMG Bild: Wer setzt sich durch: US-Präsident Trump oder der türkische Präsident Erdoğan?
       
       Berlin taz | „Entweder wir sind strategische Alliierte und entscheiden
       gemeinsam, oder, wenn nicht, müssen wir unseren eigenen Weg gehen“: Mit
       dieser Ankündigung unmittelbar vor dem Treffen mit US-Präsident Donald
       Trump am heutigen Dienstag hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan
       die Latte für seinen Antrittsbesuch in Washington ganz hoch gelegt. Seit
       Wochen war in der Türkei über das bevorstehende Treffen zwischen Erdoğan
       und Trump diskutiert worden. Jetzt, so Erdoğan, sollen „finale
       Entscheidungen“ fallen.
       
       Es geht vor allem um Syrien und den Führer der islamischen Gülen-Bewegung,
       Fethullah Gülen, dem Erdoğan vorwirft, aus dem US-Exil heraus den
       Putschversuch im Juli letzten Jahres initiiert zu haben. Die türkische
       Regierung drängt seit Monaten auf eine Auslieferung Gülens und hatte
       gehofft, nach dem Präsidentenwechsel in den USA mit ihrem Anliegen mehr
       Erfolg zu haben.
       
       Mittlerweile ist dieser Streitpunkt aber etwas in den Hintergrund gerückt.
       Dominiert wird das Treffen durch den Konflikt im Umgang mit den Milizen der
       syrischen Kurden, der YPG. Für Erdoğan und den größten Teil der türkischen
       Öffentlichkeit sind die bewaffneten Kämpfer der syrischen Kurden schlicht
       „Terroristen“, die zu hundert Prozent ein Ableger der türkisch-kurdischen
       Guerilla PKK seien. Erdoğan drängt deshalb schon lange darauf, dass die USA
       ihre Zusammenarbeit mit der YPG beenden und stattdessen gemeinsam mit der
       türkischen Armee gegen die letzten Hochburgen des „Islamischen Staates“
       (IS) in Syrien vorgehen.
       
       Doch die US-Armee hat ihre [1][Kooperation mit der YPG unter Trumps
       Präsidentschaft] noch intensiviert. Erst vor wenigen Tagen gab des Pentagon
       bekannt, dass man sich entschlossen hat, die YPG noch einmal in
       entscheidendem Maße aufzurüsten, bevor der Sturm auf Rakka, der Hauptstadt
       des IS in Syrien, in seine finale Phase tritt. Im Pentagon besteht deshalb
       keinerlei Bereitschaft, jetzt aus Rücksicht auf die Türkei die kurdischen
       Verbündeten fallen zu lassen.
       
       ## Kein Interesse aus den USA
       
       Nach Informationen türkischer Medien interessieren sind auch die
       wichtigsten militärischen Berater von Trump nicht für die türkischen
       Bedenken. Erdoğan hatte im Vorfeld seines Besuches Generalstabschef Hulusi
       Akar und Geheimdienstchef Hakan Fidan nach Washington geschickt, die aber
       auch nur einige laue Kompromissangebote aus Washington vermelden konnten.
       
       Durch seine ständige nationalistische Agitation, auch gegenüber den USA,
       hat Erdoğan sich jetzt in eine schwierige Situation manövriert. Bleibt das
       Pentagon bei seiner Entscheidung, die YPG auch mit schweren Waffen
       auszurüsten, kann Erdoğan das kaum unbeantwortet lassen. „Was sollen wir
       mit einem Nato-Partner, der uns in den Rücken fällt?“, wird schon jetzt in
       den regierungsnahen Zeitungen gefragt.
       
       Nach einer Umfrage von Yeni Safak bei ihren Lesern, sehen über 90 Prozent
       die USA als Feind. Mehr als 95 Prozent sind dafür, im Falle einer weiteren
       Zusammenarbeit der USA mit der YPG den Amerikanern die weitere Nutzung des
       türkischen Militärflughafens Incirlik, wo auch die deutschen Tornados
       stationiert sind, zu verwehren.
       
       Kommt es soweit, stellt sich das erste Mal ernsthaft die Frage, ob die
       Türkei Mitglied der Nato bleibt. Das Land ist schon jetzt im Bündnis völlig
       isoliert. Erdoğan wirft den Partnern vor, sie hätten ihn in der Zeit des
       Putschversuches nicht unterstützt, während die amerikanischen Militärs sich
       beklagen, dass alle ihre Ansprechpartner auf türkischer Seite mittlerweile
       im Gefängnis sitzen. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist da kaum noch
       denkbar.
       
       16 May 2017
       
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