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       # taz.de -- „Spiegel Daily“ als tägliches Newsprodukt: Linsencurry und Fernsehtipps
       
       > „Der Spiegel“ hat einen neuen Ableger. „Spiegel Daily“ ist ein Versuch,
       > den klassischen journalistischen Gatekeeper wieder zu etablieren.
       
   IMG Bild: So sieht „Spiegel Daily“ aus
       
       Berlin taz | Neu und gefährlich ist vor allem die Uhrzeit: 17 Uhr. So früh
       ist keine digitale Ausgabe einer deutschen Tageszeitung zu haben, schon gar
       nicht als wirklich abgeschlossenes Produkt, das „ein Mal am Tag die Welt
       anhält“, wie der Spiegel seinen neuen Tagesreport geschickt bewirbt.
       Spiegel Daily holt die Pendler ab und vieles, [1][was sich die Redaktion
       dafür ausgedacht hat], klingt zwar banal, ist aber doch ziemlich clever.
       
       Neben der aktuellen Lage (Erstausgabe: Trump und Russland,
       Koalitionsgepoker in NRW, das Update zu den Cyber-Gangstern), Porträts,
       Reportagen und (Video-)Interviews empfiehlt Daily in der Rubrik „Mein
       Abend“ etwas im Fernsehen, ein Buch und für alle, die gerade ohnehin an
       einem Supermarkt vorbeikommen, auch noch das „Abendessen in 30 Minuten“
       (der erste Daily-Abend bringt Gratinierte Lachsschnitte auf Linsencurry).
       
       Für später wartet sogar noch eine „Gute Nacht-Geschichte“. Was soll man
       sagen: Info und Service zum richtigen Zeitpunkt gebündelt – ja, dieses
       Modell könnte durchaus ziehen.
       
       Natürlich ist Daily ein Frontalangriff auf Tageszeitungen. Der Spiegel wird
       damit mancherorts sicher Existenzängste stärken, bestenfalls aber ja auch
       Veränderung treiben, wo sie bitter nötig ist. Viele Zeitungen mögen sich
       insgesamt auch eher behäbig bewegen, allein: Mancherorts haben sich
       Verlagsleitungen längst auf das digitale Zeitalter eingestellt, denn auch
       klassische Zeitungen produzieren – wie nun der Spiegel – häufig digitale
       Abendausgaben, wie es sie früher auf Papier noch zuhauf gab (Frankfurter
       Rundschau am Abend) und mancherorts auch noch gibt (Münchner Abendzeitung).
       
       ## Schneller produzieren?
       
       Was früher die Abendzeitungen waren, sind heute eben die Digitalausgaben.
       Auf die taz können LeserInnen via Smartphone oder Tablet-Computer genauso
       bereits am Abend zugreifen wie auf FAZ, Süddeutsche Zeitung oder viele
       regionale Titel. Sie alle erscheinen nun aber allesamt später als Daily.
       
       Die Süddeutsche ist mit 19 Uhr schon früh dran. Und Daily hat sich noch
       eine Rubrik ausgedacht, die letztlich simpel ist, aber auch genial: Im
       Ressort „Social“ sammeln die JournalistInnen, was tagsüber im Netz los war.
       Motto: Wer seinen Tag nicht am Handy verdaddeln konnte, sondern etwa Bus
       und Bahn gesteuert oder Klamotten verkauft hat, kann auf dem Sofa oder in
       der Kneipe mitreden.
       
       Verlagsmanager jenseits des Spiegel werden sich nun ein paar Fragen stellen
       müssen: Sollten sie künftig deutlich schneller produzieren als sie es
       jahrzehntelang für den Redaktionsschluss am Abend getan haben – oder wollen
       sie, dass sich der Spiegel die Pendler schnappt? Oder auch: Wenn der
       Spiegel News, Tiefgründiges und Service für keine zehn Euro im Monat auf
       den Markt wirft, können sie dann noch so viel für ihre Digitalausgaben
       verlagen wie einst für ihre gedruckten Zeitungen? Viele tun genau das.
       
       Daily hat jedenfalls das Potenzial, die Branche zu verändern – wenn das
       Produkt tatsächlich zündet. Auf den ersten Blick spricht zumindest einiges
       dafür.
       
       16 May 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://daily.spiegel.de/#refsponi
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bouhs
       
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