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       # taz.de -- Kein Geoblocking mehr in der EU: Geil, im Urlaub fernsehen
       
       > Netflix, Sky Go und Co. können bald auf Reisen im Ausland genutzt werden.
       > Das EU-Parlament stimmt für „grenzüberschreitende Portabilität“.
       
   IMG Bild: Ja, endlich Netflix überall gucken. Da freut sich bestimmt auch Kerem Demirbay von der TSG Hoffenheim drüber
       
       Berlin taz | Letzter Bundesligaspieltag? DFB-Pokalfinale? Es könnte bald
       voll werden in Hotel-WLANs auf Spaniens Inseln und an den Küsten. Denn ab
       2018 können NutzerInnen von Bezahl-Streamingdiensten wie Sky Go, Netflix,
       Amazon, iTunes, Spotify, Maxdome und wie sie alle heißen, ihre Abos auch im
       EU-Ausland nutzen.
       
       Der EU-Parlamentarier Tiemo Wölken (SPD) fasst es so zusammen: „Was bezahlt
       ist, muss auch geguckt werden dürfen.“ Diesem schlichten Grundsatz folgend
       hat das [1][EU-Parlament am Donnerstag] einer „Verordnung der
       grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im
       Binnenmarkt“ zugestimmt.
       
       Während bisher die Nutzung der Dienste an den nationalen Grenzen endete
       (wenn man nicht gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Anbieter
       verstoßen wollte), soll ab kommendem Jahr das Abo mitgenommen werden können
       – ohne zusätzliche Kosten und ohne Qualitätsverlust. Das gilt aber nur für
       die AbonnentInnen, „die sich vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat
       der Union aufhalten“. Wie lange „vorübergehend“ ist: unklar.
       
       Wie das Ganze funktionieren soll? Die Anbieter können (und müssen) laut der
       [2][Verordnung] auf „angemessene und wirksame Mittel“ zurückgreifen, „um
       den Wohnsitzmitgliedstaat ihrer Abonnenten zu überprüfen“. Das kann
       beispielsweise über den Personalausweis passieren, über die Bankverbindung,
       über einen daheim im Wohnzimmer fest installierten Decoder, über einen
       Provider-Vertrag oder über einen Beleg, dass man Rundfunkbeiträge im
       Wohnsitzland zahlt. Welche Verfahren die Anbieter nutzen, müssen sie den
       Kunden mitteilen und dafür sorgen, dass „der Schutz der Privatsphäre und
       der Datenschutz gewährleistet sind“.
       
       Wer sich weigert, nachzuweisen, wo er oder sie gemeldet ist, kann nicht im
       Ausland auf die Dienste zugreifen.
       
       ## Rechte nur für den nationalen Markt eingekauft? Egal
       
       Ein Fortschritt für Verbraucher, ein Problem für die Anbieter: Die haben
       nämlich ihre Rechte für Filme, Serien, Musik oder Sportereignisse nahezu
       ausschließlich für nationale Märkte eingekauft – mit dem ausdrücklichen
       Gebot, die Nutzung im Ausland zu verhindern. Geoblocking ist das Stichwort.
       
       Aber: „Vertragsklauseln zur Untersagung oder Beschränkung der
       grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten“ sollen laut
       dem Willen des EU-Parlaments nicht mehr durchsetzbar sein, heißt ganz
       simpel: Was die Sender ihren Kunden anbieten, müssen die auch auf Reisen
       schauen dürfen. Punkt. Und das gilt nicht nur für zukünftige Verträge: Die
       Verordnung soll „auch für Verträge und Rechte gelten, die vor ihrem
       Geltungsbeginn geschlossen beziehungsweise erworben wurden“, heißt es
       eindeutig.
       
       ARD und ZDF betrifft das alles übrigens nicht. Denn: Was bezahlt ist, muss
       auch geguckt werden dürfen, gilt ausdrücklich nicht für Inhalte, die über
       eine Rundfunkgebühr – wie beispielsweise in Deutschland die Programme von
       ARD, ZDF und Deutschlandradio – bezahlt werden. Da entscheiden die
       Veranstalter selbst, wo sie ihr Programm ausstrahlen. Ein Recht darauf,
       sein über den Rundfunkbeitrag bezahltes Programm auch im Ausland sehen zu
       können, bekommen VerbraucherInnen also nicht.
       
       Die deutschen öffentlich-rechtlichen Programme sind allerdings, zumindest
       via Satellit, nahezu überall in Europa empfangbar.
       
       Der Gesetzentwurf muss noch vom EU-Ministerrat gebilligt werden. Eine
       Formsache. Sobald das geschehen ist, tickt die Uhr: Dann haben die Anbieter
       neun Monate Zeit um die Vorgaben umzusetzen.
       
       19 May 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.europarl.europa.eu/news/de/news-room/20170509IPR73935/online-filme-und-fernsehen-im-ausland-schauen
   DIR [2] http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=REPORT&reference=A8-2016-0378&language=DE#title1
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jürn Kruse
       
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