# taz.de -- Sozialbetrug in Bremerhaven: Ausbeutung von oben gedeckt
> Ex-Sozialdezernent Klaus Rosche (SPD) verhinderte die Aufklärung von
> Ausbeutung Osteuropäischer Einwanderer. Informationen hielt er unter dem
> Deckel.
IMG Bild: Schrotttimmobilien wurden an Osteuropäer vermietet – offenbar mit Wissen des Sozialdezernten
Bremen taz | Der mutmaßliche Bremerhavener Sozialbetrug hätte schon
deutlich früher auffliegen können. Einen großen Anteil daran, dass der
mutmaßlich organisierte Betrug mit sklavenähnlichen
Ausbeutungsverhältnissen erst nach einem Schaden von über sechs Millionen
Euro aufgedeckt wurde, hatte Exsozialdezernent Klaus Rosche von der SPD:
Das förderte am Donnerstag der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu
Tage.
Rosche lagen frühzeitig etliche Hinweise auf organisierten Betrug vor.
Unternommen hat er lange nichts, wie die Abgeordneten ihm vorhielten.
Rosche musste zum zweiten Mal aussagen und blieb erneut plausible
Erklärungen für seine phlegmatische Amtsausübung schuldig.
## Hinweise auf Betrug seit Anfang 2013
Nach Erkenntnissen der Abgeordneten hatte Rosche bereits Anfang 2013 unter
anderem durch eine Beratungsstelle der Arbeiterwohlfahrt (AWO) ausführliche
Informationen vorliegen. Das Sozialressort hatte die Beratung eingerichtet
und finanziert – angesichts einer Vielzahl eingewanderter Menschen aus
Bulgarien und Rumänien, die in Bremerhaven in ärmlichen Verhältnissen
lebten. Laut Rosche sollten über die Beratungsstelle neben einer sozialen
und rechtlichen Beratung auch Informationen über die Lage der Betroffenen
gewonnen werden.
Deswegen musste die Beratungsstelle dem Sozialdezernenten neunmal zwischen
April 2013 und 2016 Bericht erstatten. [1][Dabei war stets von fingierten
Arbeitsverträgen und missbräuchlichen Beratungen die Rede] – durch die
Vereine, die mittlerweile Gegenstand der staatsanwaltlichen Ermittlungen
sind. Rosche blieb hingegen untätig.
## Rosche verpasste der AWO einen Maulkorb
Mehr noch: Er ignorierte nicht nur die Berichte, er behinderte auch aktiv
deren Veröffentlichung: Nachdem eine Mitarbeiterin der Arbeiterwohlfahrt
(AWO), die es nicht hinnehmen wollte beim Sozialressort stets auf taube
Ohren zu stoßen, die Trägerversammlung informiert hatte, verpasste Rosche
einfach der AWO einen Maulkorb. Fortan durfte die Beratungsstelle die
Berichte allein der Sozialbehörde vorlegen. Dazu Rosche am Donnerstag: „Da
hätte sie ihre Berichte auch gleich der Presse geben können.“
Auch andere Zeugen hatten konkrete Hinweise auf den Betrug gegeben: Eine
Schulleiterin wies auf falsch abgerechnete Bildungsleistungen hin, der
Bildungsstaatsrat ebenfalls. Rosche äußerte sich dazu schmallippig. Mit
verschränkten Armen erklärte er wahlweise: „Ich war nicht zuständig“, „Wir
hatten keine Kenntnisse“ oder „Ich kann mich nicht erinnern“.
Erst Anfang 2016 flog der mutmaßliche Sozialbetrug auf. Der
Bürgerschaftsabgeordnete Patrick Öztürk (ehemals SPD), dessen Verwandte und
Bekannte hatten Betroffene offenbar nach Bremerhaven gelockt, um sie in
Schrottimmobilien unterzubringen und ihnen Scheinselbstständigkeit zu
attestieren. So sollen sie Sozialhilfe abkassiert und Bildungsleistungen
vom Jobcenter und dem Sozialamt abgerechnet haben.
4 Jun 2017
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DIR Gareth Joswig
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