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       # taz.de -- Urteil in Zwickau gegen André E.: „Massive Einwirkungen“
       
       > In München steht André E. als angeklagter NSU-Helfer vor Gericht, in
       > Zwickau wurde er nun bereits verurteilt: Weil er einen Jugendlichen
       > verprügelte.
       
   IMG Bild: In Zwickau wurde André E. zu einer Geldstrafe wegen Körperverletzung und Bedrohung verurteilt
       
       Zwickau taz | André E. bleibt sich auch am Montag treu. Keinen Mucks sagt
       er zu der Anklage, die der Staatsanwalt im Amtsgericht Zwickau verliest,
       keine Frage beantwortet er von Richter Andreas Nahrendorf. „Das letzte Wort
       haben Sie“, sagt dieser schließlich. Und wieder schüttelt E. den Kopf.
       Eisernes Schweigen.
       
       Seit 364 Prozesstagen steht André E. in München vor Gericht, als
       Angeklagter im NSU-Prozess. Das hielt ihn nicht davon ab, sich auch an
       anderer Stelle Ärger einzuhandeln. Am Montag wurde der 37-Jährige nun in
       seiner Heimatstadt Zwickau verurteilt: Zu einer Geldstrafe von 676 Euro
       wegen Körperverletzung und Bedrohung.
       
       Im Amtsgericht Zwickau sitzt André E. am Montag das Opfer gegenüber, Erik
       E. An einem Abend im Mai 2016 sei er mit André E.s Sohn in Streit geraten,
       berichtet der 19-Jährige. Er habe hier nichts zu suchen, habe der vier
       Jahre Jüngere ihn bedroht. Darauf habe er den Sohn geschubst. Über eine
       gemeinsame Bekannte habe André E. ihn dann zu einem Parkhaus bestellt – und
       sofort auf ihn eingeprügelt.
       
       „Ich habe immer wieder gesagt, dass er aufhören soll“, erinnert sich Erik
       E. Aber André E. hörte nicht auf. Rund zehn Mal soll er mit Fäusten gegen
       den Kopf des Jugendlichen eingeschlagen, mehrmals gegen dessen Rippen
       getreten haben. Am Ende, so Erik E., habe er ihm gedroht: „Wenn du meinen
       Sohn nochmal anfasst, mache ich dich tot.“
       
       André E., vor Gericht im schwarzen Kapuzenpullover und mit Sonnenbrille
       erschienen, aber ohne Verteidiger, verfolgt die Ausführungen ausdruckslos.
       Sagen will er dazu nichts. Von einer „ungewöhnlichen Situation“, spricht
       Staatsanwalt Jörg Rzehak. Denn Rzehak hatte es ursprünglich mit einem
       Strafbefehl von 600 Euro für den Nichtvorbestraften bewenden lassen wollen,
       ohne Verhandlung. André E. aber widersprach – nun indes, ohne kundzutun,
       warum.
       
       ## Unterstützung einer terroristischen Vereinigung
       
       Richter Nahrendorf sieht die Tat ausreichend bewiesen. Der Zeuge sei
       glaubwürdig, dessen Verletzungen – Prellungen an Kopf, Armen und Beinen –
       über ein Attest nachgewiesen. „Die Einwirkungen waren durchaus massiv“,
       sagt Nahrendorf. Mit den verhängten 676 Euro Strafe für den arbeitslosen
       André E. bleibt er unter den 1.040 Euro, die die Staatsanwaltschaft
       forderte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
       
       André E. droht nun im Münchner NSU-Prozess schon bald die nächste Strafe.
       Bis zum Schluss hielt er Kontakt zum NSU-Trio, das elf Jahre seiner
       Untergrundzeit in Zwickau lebte. Schon im ersten Unterschlupf, in Chemnitz,
       hatte E. Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eine Wohnung
       vermittelt.
       
       Später besorgte er Bahncards und mietete Wohnmobile für einen Anschlag in
       Köln und zwei Banküberfälle an. Die Bundesanwaltschaft wirft E.
       Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zum versuchten
       Mord vor.
       
       Und wie in Zwickau schweigt er auch im NSU-Prozess bis heute zu den
       Vorwürfen – als einziger der dort Angeklagten. Aus seiner rechtsextremen
       Einstellung macht André E. dagegen keinen Hehl. „Die Jew die“, hat er sich
       auf den Körper tätowiert, „Stirb Jude stirb“. Schon in seiner Jugend baute
       er eine Kameradschaft im Erzgebirge auf, versendete später auch mal
       Weihnachtsgrüße mit Hakenkreuz.
       
       Wann André E. im NSU-Prozess sein Urteil erwarten darf, ist noch nicht
       absehbar. Allzu lang aber dürfte es nicht mehr dauern: In dem Verfahren ist
       die letzte Frist für Anträge verstrichen, bald sollen die Plädoyers
       beginnen.
       
       22 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Konrad Litschko
       
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