# taz.de -- Kommentar Neues Wahlsystem: Italien wählt jetzt deutsch
> Das Parlament in Rom gibt sich ein an Deutschland angelehntes
> Wahlsystems. Mehr Stabilität nach den Neuwahlen wird das nicht bringen.
IMG Bild: Verkündete die Einigung auf ein neues Wahlrecht: Italiens früherer Ministerpräsident Matteo Renzi
„Tedesco“, „deutsch“: Das klingt für Italiener nicht unbedingt besonders
sympathisch, auf jeden Fall aber nach solide, stabil, funktionsfähig. Da
wundert es nicht, dass alle relevanten Parteien jetzt zu [1][dem Kompromiss
fanden], dem Land ein „deutsches Wahlrecht“ zu bescheren.
Schon diese Tatsache – der breite Konsens der politischen Lager – ist eine
gute Nachricht: Alle Wahlrechtsdebatten und -reformen in Italien waren über
Jahre hinweg vergiftet, weil in ihnen die echten oder vermeintlichen
Versuche der Protagonisten, den jeweiligen Gegner zu übervorteilen, im
Mittelpunkt standen.
Wenigstens in diesem Punkt ist Italien jetzt ein Stück weiter; die Parteien
werden ihren Wettstreit nach von allen akzeptierten Spielregeln austragen.
Weit zweifelhafter jedoch ist es, ob das Stabilitätsversprechen, das mit
dem „deutschen“ System einhergeht, wirklich trägt. Schon in Deutschland
selbst sind die Zeiten, in denen die alten politischen Lager – sei es
Schwarz-Gelb, sei es Rot-Grün – selbstverständlich Mehrheiten erwarten
durften, erst einmal vorbei.
Erst recht in Italien geht nach den nächsten Wahlen mit Proporz wohl
bestenfalls eine Große Koalition. Die aber sähe an der Seite der gemäßigt
linken Partito Democratico niemand anderen als Silvio Berlusconi. Möglich
ist aber auch, dass selbst ein solch „breites“ Bündnis numerisch einfach zu
schmal bliebe. Die Protestbewegung der Fünf Sterne mit ihren erwartbaren 30
Prozent, die rechtspopulistische Lega Nord mit um die 12, dazu eine
radikale Linke mit 6 bis 8 Prozent: Stabilität wird nach den Neuwahlen in
Rom nicht einkehren.
Gewiss, das in Europa gepflegte Schreckensszenario von einer
Fünf-Sterne-Regierung erscheint mit dem Proporzwahlrecht vorerst in weite
Ferne gerückt. In weite Ferne gerückt ist jedoch auch die Chance, dass
Italien eine Regierung bekommt, die zu Hause über die nötige Autorität
verfügt, um in Europa eine wichtige Stimme zu sein.
1 Jun 2017
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## AUTOREN
DIR Michael Braun
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