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       # taz.de -- Reederei Rickmers insolvent: HSH Nordbank geht von Bord
       
       > Die Reederei Rickmers ist endgültig pleite und hat einen Insolvenzantrag
       > gestellt. Hauptgläubiger HSH Nordbank, selbst schwer angeschlagen, hat
       > den Geldhahn zugedreht.
       
   IMG Bild: Bertram Rickmers musste für seine Reederei Insolvenz anmelden.
       
       HAMBURG taz | Wieder einmal könnten die Fehler von Bankern und Reedern
       Schleswig-Holstein, Hamburg und die angeschlagene HSH Nordbank teuer zu
       stehen kommen. Nach monatelangen Verhandlungen ist der Sanierungsplan für
       die Hamburger Reederei Rickmers gescheitert. Das weltweit aktive
       Unternehmen mit einer Flotte von 114 Frachtern teilte jetzt mit, dass die
       HSH Nordbank den Rettungsplan „sehr überraschend“ abgelehnt habe. Die
       Rickmers Holding AG stellte am Donnerstag einen Insolvenzantrag beim
       zuständigen Hamburger Amtsgericht.
       
       Der Börsenkurs der Rickmers-Anleihe stürzte nach dieser Nachricht um mehr
       als 14 Prozent ab und lag am Donnerstagnachmittag bei 5,4 Prozent. Wer also
       1.000 Euro investiert hat, bekommt 54 Euro zurück.
       
       Wie es mit der Reederei und den mehr als 2.000 Beschäftigten – davon laut
       eines Verdi-Sprechers etwa 500 in der Hamburger Zentrale – weitergeht, ist
       ungewiss. 2016 machte die Gruppe einen Verlust von 341 Millionen Euro nach
       136 Millionen im Jahr zuvor. Schulden von 1,46 Milliarden Euro lasten auf
       der Reederei.
       
       Alleinaktionär Bertram Rickmers hatte eine Rettung per Schuldenschnitt für
       möglich gehalten. Ein Sanierungsgutachten sei zu dem Ergebnis „einer
       positiven Sanierungsaussage“ gekommen. Die Gläubiger wäre Rickmers’
       Rettungsplan allerdings teuer zu stehen gekommen: 60 bis 80 Prozent des von
       Banken und Investoren angelegten Kapitals wären danach verloren gewesen.
       
       Für die am Donnerstag anberaumte Gläubigerversammlung hatten sich nur
       wenige Gläubiger angemeldet, um die Beratungsfirma One Square Advisors zu
       ihrem Vertreter für das Insolvenzverfahren zu wählen.
       
       Eine Mehrheit für den Rettungsplan hätte nur die HSH Nordbank herstellen
       können. Denn von Rickmers’ rund 1,5 Milliarden Euro Schulden soll rund die
       Hälfte auf die Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein entfallen.
       Diese Zahlen wollte ein Sprecher der HSH Nordbank auf Anfrage der taz nicht
       bestätigen. „Der HSH-Vorstand hat das Rickmers-Sanierungskonzept sorgfältig
       geprüft und erachtet dieses als betriebswirtschaftlich nicht tragfähig“,
       lautet die wortkarge Auskunft.
       
       Die HSH kämpft selbst mit den Folgen der maritimen Krise und sitzt auf
       milliardenschweren faulen Krediten für Schiffsfinanzierungen. Einen
       weiteren zahlungsunfähigen Großkunden wie Rickmers kann sie sich kaum
       leisten. Dennoch sei die Bank auf die Situation „gut vorbereitet“, so der
       Sprecher. Das Institut habe die Vorsorge für notleidende Kredite im vorigen
       Jahr um rund zwei Milliarden Euro aufgestockt.
       
       Die Bilanz 2017 der zum Verkauf stehenden Nordbank dürfte Rickmers also
       kaum belasten. Tatsächlich könnten aber aus Rückstellungen ab dem kommenden
       Jahr reale Verluste werden, die den Preis der zum Verkauf stehenden HSH
       Nordbank drücken dürfte – zu Lasten der Noch-Bankeigentümer Hamburg und
       Schleswig-Holstein.
       
       Wie hoch die Verluste ausfallen werden, weiß niemand. Allerdings erwarten
       Branchenkenner, dass nur ein kleiner Teil der 750 Millionen gänzlich
       verloren gehen wird. Die HSH Nordbank dürfte nach einer Rickmers-Pleite
       Eigentümerin eines Großteils der Flotte werden, die als Kreditsicherheit
       gedient hat. Unterm Strich könnten die Verluste für die Bank deshalb
       deutlich niedriger ausfallen als es nach Rickmers’ Rettungsplan gewesen
       wäre.
       
       Das Rickmers-Aus ist die zweite große Pleite seit dem Ende der
       südkoreanischen Containerreederei Hanjin im vergangenen Herbst. Deren
       Schiffe fahren allerdings weiter. Die Schifffahrt steckt im neunten Jahr in
       der Krise. Ihr machen Überkapazitäten und sinkende Frachtraten zu schaffen.
       Verantwortlich dafür sind sowohl Reeder wie Rickmers, die immer mehr und
       immer größere Containerfrachter von Werften in Asien bauen ließen, als auch
       die Banken, die den exzessiven Expansionskurs finanzierten. Die HSH
       Nordbank war bis vor Kurzem noch die größte Schiffsbank der Welt.
       
       2 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hermannus Pfeiffer
       
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