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       # taz.de -- Terror in Manchester: IS bekennt sich zum Anschlag
       
       > Vor allem Jugendliche waren beim Grande-Konzert, auf das ein
       > Terroranschlag verübt wurde. Der britische Wahlkampf wird vorerst
       > ausgesetzt.
       
   IMG Bild: Der Anschlag fand vor den Sicherheitskontrollen an der Arena statt, jetzt wird verstärkt Polizei eingesetzt
       
       London taz/afp/dpa | Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat am
       Dienstagnachmittag den Anschlag von Manchester für sich reklamiert. Der IS
       veröffentlichte auf einem seiner Kanäle in den sozialen Medien eine
       Erklärung, in der es hieß, „einer der Soldaten des Kalifats“ habe die Bombe
       inmitten der Menschenmenge in Manchester platziert. In der Erklärung wurde
       mit weiteren Anschlägen gedroht.
       
       Kurz zuvor hatte die britische Polizei im Zuge ihrer Ermittlungen einen
       23-Jährigen festgenommen. Wie sie mitteilte, wurde der junge Mann in einem
       südlichen Viertel der Stadt in Gewahrsam genommen. Bei dem
       Selbstmordattentat waren in der Nacht 22 Menschen getötet worden. Unter den
       Todesopfern ist ein achtjähriges Mädchen. Den Rettungskräften zufolge waren
       unter rund 60 Verletzten, die nach dem Anschlag am Montagabend ins
       Krankenhaus gebracht wurden, zwölf Kinder und Jugendliche noch keine 16
       Jahre alt.
       
       Die britische Innenministerin Amber Rudd spricht von einem brutalen
       Anschlag, der die britische Gesellschaft auseinanderreißen wolle – doch die
       Menschen stattdessen verbinde. Manchesters Bürgermeister Andy Burnham fügt
       hinzu: „Wir trauern heute, aber wir sind stark. Wir machen so gut wir
       können weiter mit dem normalen Geschäftsalltag in unserer großen Stadt.“
       
       Das Selbstmordattentat wurde unmittelbar nach dem Konzert des
       US-Teenpopstars Ariana Grande in der Manchester Arena verübt, die Halle war
       ausverkauft, sie fasst rund 21.000 Menschen.
       
       ## Bombe explodierte vor den Sicherheitskontrollen
       
       Laut Polizei sprengte sich der Mann in der Vorhalle der Arena in die Luft,
       inmitten der eben die Halle verlassenden Menge. Dort, wo es T-Shirts,
       Poster und Getränke gibt – und eben noch vor den Sicherheitskontrollen am
       Einlass, wo die Rucksäcke der Besucher durchsucht werden. Der Sprengsatz,
       heißt es, sei ein improvisiertes Gebilde, gespickt mit Schrauben und
       Metallteilen gewesen. Dies sah man auch an Wunden der Verletzten.
       
       Unmittelbar nach der Explosion soll es einen Augenblick der Stille gegeben
       haben – dann brach Panik aus. Augenzeugen wie Kathleen, 15, und ihr Freund
       Josef, 16, die das Konzert besucht hatten, berichten den Medien wie der
       BBC, wie Jugendliche in großer Angst über Sitze und Absperrungen stiegen
       und großes Gedränge an den Ausgängen ausbrach. Der Geruch einer rauchigen
       Substanz sei in der Luft gewesen, Menschen hätten stark blutende Wunden und
       schrecklichen Verletzungen erlitten.
       
       Abby Mullen ein Teenager aus Glasgow, die das Konzert besucht hatte, und
       die die Explosion selbst gesehen hat, twitterte Bilder von sich mit
       blutverschmierten Haaren und nannte sich glücklich, dass sie noch lebe. Sie
       zeige die Bilder, da sie glaube, „dass Menschen sehen müssen, wie grausam
       diese wirklich Welt sei“.
       
       In der Manchester Abendzeitung beschrieb Ryan Morrison, 19, die Explosion,
       die unmittelbar hinter ihm geschah, mit den Worten „Es gab einen riesigen
       Knall und daraufhin sah ich Rauch. Ich hörte wie jemand „Bombe“ schrie und
       dann alle zu laufen anfingen. Menschen wurden auch dadurch verletzt in dem
       sie niedergetrampelt wurden, als sie versuchten die Arena zu verlassen, ein
       absolutes Blutbad“.
       
       ## Verzweifelte Eltern
       
       Charlotte C., die Mutter einer eines Mädchens im Teenager-Alter, die das
       Konzert besuchte, zeigte sich wiederholt vor Fernsehkameras, mit einem Foto
       ihrer Tochter und der verzweifelten Bitte um Informationen. Seit dem
       Attentat hätte sie nichts von ihr gehört, und das Telefon ihrer Tochter sei
       still.
       
       Auf Facebook konnte man dieses Gesuch lesen: “Meine Freundin und ihre
       Töchter waren letzte Nacht auf dem Konzert. Eine der Töchter, 8 Jahre alt,
       werde immer noch vermisst. Um 13.30 dann die Meldung von offizieller
       Stelle, das Mädchen, ein Grundschulkind aus Lancashire, erlag ihren
       Verletzungen.
       
       Das Konzert in der Arena war ausverkauft, die Kapazität der Halle beträgt
       21.000 Menschen, mindestens 18.000 Personen sollen anwesend gewesen sein.
       
       ## Verdacht auf britischen Suizidbomber
       
       Die Identität des Attentäters kennt die Polizei inzwischen, der Name wurde
       bekanntgegeben. Er soll laut noch nicht offizieller Meldungen Brite sein.
       Der IS hatte sich im Laufe des Dienstags zur Attacke bekannt. Der
       Attentäter sei ein Soldat des Kalifats gewesen, der sich an den
       Kreuzrittern für ihre Vergehen in muslimischen Ländern gerächt habe.
       
       Das muß allerdings nicht heißen, daß die Organisation, die sich in einem
       Machtkampf mit Al Quaida befindet, tatsächlich hinter dem Anschlag steckt.
       Genau vor vier Jahren wurde in Woolwich der Soldat Lee Rigby auf offener
       Straße von zwei islamistischen Attentätern niedergemetzelt.
       
       In Großbritannien liefen am Dienstag durchgehend mehrere Polizeiaktionen.
       Zwei Wohnungen wurden durchsucht. Dabei soll ein 23-Jähriger im Süden
       Manchesters in Verbindung mit dem Attentat festgenommen worden sein. Die
       Polizei bestätigte außerdem eine von Beamten kontrollierte Explosion in
       einer Wohngegend in Manchester Fallowfield.
       
       ## Große Solidarität in Manchester
       
       Die Solidarität unter den Menschen unmittelbar nach dem Attentat sei
       bemerkenswert gewesen, hieß es. Kinder wurden wurden getragen, Menschen in
       Rollstühlen wurde geholfen. Nach dem Konzert waren viele Jugendliche durch
       die Sicherheitsmaßnahmen für längere Zeit von ihren Eltern getrennt.
       
       Nahestehende Hotels wie das Holiday Inn transformierten sich spontan in
       Jugendherbergen und nahmen die verstreuten und verzweifelten
       Konzertbesucher auf. Auch Privatpersonen öffneten ihre Wohnungen und Häuser
       um gestrandete Personen bei sich aufzunehmen und sie zu versorgen oder nach
       Hause zu fahren. Auch Taxifahrer brachten Leute umsonst bis nach Liverpool.
       
       Großbritannien, ein Land im Wahlkampf, hat diesen am Dienstag vorerst
       ausgesetzt. Es ist das erste Mal, dass ein Wahlkampf wegen eines Terrorakts
       unterbrochen wurde. May und ihr Kabinett kamen am Mittwoch in London zu
       einer Krisensitzung zusammen.
       
       In einer Presseerklärung sprach May von „kaltem und verdrehtem Kalkül, mit
       dem die Attacke ausgeführt wurde, insbesondere, weil der Attentäter
       unschuldige Jugendliche und Kinder in einer Nacht, die einer der besten
       Momente ihres Leben sein sollte, zu Opfern machte“. Sie rief dazu auf,
       statt über sinnloses Abschlachten, über den Mut vieler gewöhnlicher
       Menschen, die sich gestern zur Rettung oder Fürsorge bereitstellen, zu
       sprechen. “Dieser Geist Großbritanniens wurde und wird nie gebrochen werden
       und der britische Lebensstil wird immer überwiegen.“
       
       ## Erinnerungen ans Bataclan
       
       Auch Papst Franziskus und Königin Elizabeth teilten in Botschaften ihre
       Bestürzung. Auch die politische Weltöffentlichkeit äußerte sich, darunter
       auch Donald Trump, der die Attentäter als „Looser“ bezeichnete, sowie
       Angela Merkel, die von der es Unbegreiflichkeit des Attentats sprach und
       Zusammenarbeit sprach und Solidarität äußerte: “Deutschland steht an ihrer
       Seite“
       
       Manchester hatte zuletzt in den Jahren 1992 und 1996 Anschläge erlebt,
       damals von der IRA. Die Bombenattentate von 1996 ereigneten sich nur einen
       Steinwurf von der Arena in Corporation Street. Die Attacke vom Montagabend
       in der Arena ist die schwerste seit den Londoner Attentaten vom 7. Juli
       2005, bei denen 56 Menschen ihr Leben verloren. Viele fühlen sich hier nun
       auch an den islamistischen Anschlag auf den Pariser Klub Bataclan im
       November 2015 erinnert, bei dem mehrere Täter bei einem Konzert in die
       Menge feuerten. In Manchester allerdings agierte nach bisherigen
       Erkenntnissen nur ein Attentäter.
       
       23 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Zylbersztajn
       
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