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       # taz.de -- Kirchentag in Berlin: „Unsere Kirchen sind schlicht“
       
       > Trotz Reformationsjubiläum kennen sie die wenigsten: die Reformierten.
       > Sabine Dreßler vom Reformierten Bund über die Alternative zu Luther.
       
   IMG Bild: Das Reformationsdenkmal mit den Statuen von William Farel (v.l.n.r.), Johannes Calvin, Theodore de Beze und John Knox in Genf
       
       kirchentaz: Frau Dreßler, Martin Luther ist in aller Munde. Die
       Evangelisch-Reformierten gehen aber auf andere Reformatoren zurück. Sind
       sie betrübt, dass von denen niemand redet? 
       
       Sabine Dreßler: Man denkt schnell mal: „Aber wir sind auch noch da!“ Es
       gibt in Deutschland aber lutherische Kirchen, reformierte Kirchen und
       unierte Kirchen, die beides vereinen. Daher finde ich es gelungen, dass das
       Lutherjahr zum Reformationsjahr wurde. Wir sind eine große Familie mit drei
       verschiedenen Traditionen.
       
       Warum heißen die Lutheraner nach ihrem Reformator, die Reformierten einfach
       nur reformiert? 
       
       Martin Luther hat als erster Reformator eine Bewegung in Gang gesetzt, die
       in anderen Zentren Europas Menschen hervorgebracht hat, die sich eine
       andere Kirche gewünscht haben. Die Reformierten gehen vor allem auf die
       Schweizer Reformation mit Johannes Calvin zurück. Er hat eine Akademie
       gegründet, Studierende aus der ganzen Welt ausgebildet und zurückgeschickt.
       In Zürich gab es außerdem Ulrich Zwingli, der auch zu den reformierten
       Reformatoren zählt und mit Luther bekannt war. In Schottland gab es John
       Knox, der dort Reformator war, und so gab es auch an vielen anderen Orten
       zur ähnlichen Zeit eine Reformation und dadurch Reformierte.
       
       Warum haben die sich nicht mit Luther geeinigt? 
       
       Zwingli hatte bezüglich des Abendmahls andere Ansichten. Die Reformierten
       waren da eher pragmatisch und haben gesagt, dass die Elemente Brot und Wein
       lediglich Wahrzeichen sind. Das Augenmerk lag und liegt auf der Erinnerung
       und dem Gemeinschaftscharakter. Die Kirchenstruktur ist aber auch sehr
       unterschiedlich. Die Reformierten agieren noch demokratischer. Dadurch hat
       jede Gemeinde vor Ort ein hohes Maß an Selbständigkeit, weswegen es aber
       auch zu vielen verschiedenen Strömungen kommt. Außerdem sind unsere Kirchen
       sehr schlicht, weil Calvin das zweite Gebot „Du sollst dir kein Bildnis von
       Gott machen“ betont hat.
       
       Sie haben hier am Kirchentag über Migration und Kirche gesprochen . . . 
       
       . . . wir sind eine Migrantenkirche, denn die Anfänge der Reformierten
       lagen bei Menschen, die oft nicht wussten, ob sie morgen noch am selben Ort
       sind. Die Strukturen mussten also flexibler sein und die Verantwortlichkeit
       von Einzelnen wurde dadurch hervorgehoben. Dieses Feld unserer eigenen
       Geschichte haben wir durch das Ankommen von Migranten heute noch mal ganz
       neu entdeckt. Das ist auch ein Grund, warum wir im
       Reformationsjubiläumsjahr den Schwerpunkt auf Migration gelegt haben.
       
       Die Presbyterien Church, zu deren Anhänger auch Donald Trump gehört, ist
       auch Teil der Weltgemeinschaft der Reformierten. Sehen sie ihn denn als
       Glaubensbruder an? 
       
       Nein, das ist er nicht. Donald Trump ist eher wie der peinliche Onkel, der
       in den besten Familien vorkommt.
       
       27 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lara Kühnle
       
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