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       # taz.de -- Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit: Gesetzentwurf gescheitert
       
       > Die Koalition wird die Rückkehr von Teilzeit- in Vollzeitstellen nicht
       > erleichtern. Arbeitsministerin Nahles spricht vom „Druck der
       > Arbeitgeber“.
       
   IMG Bild: Kein Interesse: Arbeitsministerin Andrea Nahles konnte sich in der Koalition nicht durchsetzen
       
       Berlin taz | Als hätte man es geahnt: Das geplante Gesetz zum Rückkehrrecht
       von Teil- in Vollzeit ist gescheitert. Das gab SPD-Arbeitsministerin Andrea
       Nahles am Dienstag bekannt. „Das Kanzleramt hat mir mitgeteilt, dass eine
       Kabinettsbefassung nicht mehr vorgesehen ist“, sagte Nahles. Mit dem Gesetz
       sollten vor allem Frauen die Möglichkeit erhalten, nach einer
       Familienphase, in der sie ihre Arbeitsstunden reduzieren, wieder voll zu
       arbeiten.
       
       Derzeit arbeiten laut dem Statistikportal Eurostat rund 47 Prozent der
       Frauen im Alter zwischen 20 und 64 Jahren Teilzeit, aber nur 9 Prozent der
       Männer. Die Frauen sind in der Regel Mütter, die aufgrund fehlender oder zu
       geringer Kinderbetreuung einen Vollzeitjob nicht ausüben können. Für sie
       hat die notwendige Arbeitszeitreduzierung häufig Folgen: Haben sie zu lange
       ihre Stundenanzahl reduziert, können sie nur höchst selten auf ihre
       Vollzeitstelle zurückkehren. Daraus resultiert der Spruch: Einmal Teilzeit,
       immer Teilzeit.
       
       Ministerin Nahles erklärte, dass das Scheitern vom „Druck der Arbeitgeber“
       herrühre. Zudem würde Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ein Gesetz verhindern,
       „das für hunderttausende Frauen den Weg aus der Teilzeitfalle bereitet
       hätte“.
       
       Nahles hatte einen entsprechenden Gesetzentwurf im November dem Kanzleramt
       vorgelegt – und „auf Wunsch des Kanzleramts“ immer wieder mit
       ArbeitgeberInnen verhandelt. Nicht wenige Unternehmen haben an einem
       gesetzlich verankerten Rückkehrrecht auf Vollzeit kein Interesse. Sie
       kritisieren, dass damit eine Personalplanung nicht mehr möglich sei.
       
       Dem hält die Ökonomin und Genderforscherin Christina Klenner entgegen:
       „Veränderungen bei Arbeitszeitmodellen sind immer mit
       arbeitsorganisatorischen Konsequenzen verbunden. Senkt jemand seine
       Arbeitsstunden ab – was ja schon lange möglich ist –, muss der Arbeitgeber
       dafür Ersatz schaffen.“ Zudem hätten Gerichte längst entschieden, dass
       dieser Mehraufwand den ArbeitgeberInnen zuzumuten ist. Ebenso müsse jedes
       Unternehmen bei der Personalplanung umdenken, wenn jemand Stunden
       aufstocken möchte.
       
       Nahles sieht die „Schuld“ aber auch bei der Union: „Immer wenn ein Schritt
       gemacht war, wurde noch einmal draufgesattelt.“ Am Ende sei klar geworden,
       dass Union und ArbeitgeberInnen das Gesetz nicht wollen.
       
       Der Koalitionsausschuss von Union und SPD war Ende März zu Ende gegangen,
       ohne Einigung über das Gesetzesvorhaben zu erzielen. Die SPD hatte ein
       Rückkehrrecht für Beschäftigte in die Vollzeit in Betrieben ab 15
       Mitarbeitern angepeilt, die Union beharrte aber auf einer Grenze von 200
       Beschäftigten.
       
       23 May 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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