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       # taz.de -- Terror in Großbritannien: Höchste Warnstufe
       
       > Nach dem Anschlag in Manchester geht die Polizei von einem
       > Unterstützernetzwerk rund um den Täter aus. Die Namen der Toten sind nun
       > bekannt.
       
   IMG Bild: Gedenken an die Opfer des Anschlags in Manchester
       
       London taz | Noch stehen die Menschen in Manchster nach dem Terrorangriff
       vom Montag abend mit 22 Toten und dutzenden Verletzten unter Schock.
       Dennoch geht das Leben weiter. Viele Menschen legen auf dem Albert Square
       Blumen, Nachrichten und Kerzen zum Gedenken an die Opfer nieder.
       
       Die Manchester Polizei in Manchester teilte mit, dass nun alle Namen der 22
       Toten bekannt seien und zu allen Familien Kontakt aufgenommen worden sei.
       Es werde aber noch einige Tage dauern, bis sie veröffentlicht würden.
       
       Am Mittwoch nannten die Behörden weitere Namen von Opfern: Martyn Hett, 29,
       dessen Tod sein Lebenspartner [1][auf Twitter verkündete], das polnische
       Ehepaar Marcin und Angelika Klis (42 und 40 Jahre alt), die Eltern einer
       20-jährigen Studentin, die auf ihre Tochter nach dem Konzert in der Lobby
       gewartet hatten. Kelly Brewster, 32, sowie Olivia Campbell, 15, deren
       Mutter am Dienstag ihre Tochter als vermisst gemeldet hatte, John Atkinson,
       26, Georgina Callander, 18, Saffie und die achtjährige Rose Roussos.
       
       Nell Jones, 14, eine Schülerin der 9. Klasse aus Cheshire, Megan Hurley,
       ebenfalls eine Schülerin. Alison Howe, 45, und Lisa Lees, 47, aus Oldham –
       beide Mütter, die auf ihre Kinder gewartet hatten. Kelly Brewster, 32, aus
       Sheffield sowie Jane Tweddle-Taylor, die die Tochter ihrer Freundin hatte
       abholen wollen und dabei ihr Leben verlor.
       
       ## Wohnung gestürmt
       
       Am frühen Mittwoch Nachmittag berichteten Medien von einer Polizeirazzia in
       einem Häuserblock in Manchester in der Nähe des Piccadilly Bahnhofs. Eine
       Anwohnerin sprach von mit Maschinengewehren bewaffneten Beamten, die dort
       eine Wohnung im ersten Stock gestürmt hätten.
       
       Drei Männer waren bereits am Morgen in Südmanchester festgenommen worden.
       Ein am Dienstag in Polizeiobhut genommener 23-jähriger Mann wurde als der
       Bruder des Angreifers Salman Abedi identifiziert.
       
       Abedi war den Behörden bekannt. Innenministerin Amber Rudd sagte in einer
       Presseerklärung, es sei wahrscheinlich, dass Abedi nicht alleine gehandelt
       habe. Man vermutet, dass er nur als Träger agierte und nicht das Know how
       hatte, um selber eine Bombe zu bauen. Mittlerweile geht die Polizei von
       einer Unterstützergruppe rund um den Attentäter von Manchester aus. Das
       sagte der Polizeichef von Manchester, Ian Hopkins, am Mittwoch.
       
       Abedi soll vor kurzem nicht nur in Libyen, sondern laut dem französischen
       Innenminister auch in Syrien gewesen sein. Er könnte Verbindungen zum IS
       gehabt haben. Andere vermuten, dass der Vater Abedis mit den
       Gadaffifeindlichen LIFG (Libyan Islamic Fighting Group) symphatisierte, die
       Al Quaida nahe stehen.
       
       ## Geld gesammelt
       
       Einige Libyer in der Manchester Community hatten vor sechs Jahren für die
       Gruppe Gelder gesammelt. Da man nicht weiß, wer noch hinter dem Attentat
       steckt und ob noch weitere Anschläge bevorstehen, wurde die höchste
       Terrorwarnstufe ausgerufen.
       
       Bis zu 1000 Soldaten wurden zusätzlich in Großbritannien mobilisiert.
       Weitere 3000 könnten noch zur Verfügung stehen. Sie sollen an zentralen und
       sensiblen Orten, beispielsweise an Flughäfen, Bahnhöfen und Atomkraftwerken
       die Polizei ersetzen.
       
       In allen Großstädten sind sichtbar mehr Polizisten auf den Straßen – viele
       davon bewaffnet. Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan sagte, dass die
       Londoner Bevölkerung durch diese erhöhte Präsenz nicht beunruhigt sein
       solle. Im Regierungsviertel Londons war das Militär besonders sichtbar.
       
       Innenministerin Amber Rudd bezeichnete die Maßnahmen als temporär. Das
       letzte Mal wurde die Armee auf den Straßen Londons zur Sicherung der
       Londoner Olympischen Spiele im Jahr 2012 eingesetzt. Aus Sicherheitsgründen
       wurden auch die königlichen Wachsoldaten („Changing of the Guards“)
       vorübergehend suspendiert.
       
       ## Schwerste Verletzungen
       
       Die Gesamtzahl der in den Krankenhäusern behandelten Personen wurde am
       Mittwoch mit 64 beziffert. 20 von ihnen hätten „lebensbedrohliche
       Verletzungen“ erlitten.
       
       Chris Upton, der Rektor der Charlton Gemeinschaftsgrundschule, wo die
       verstorbene achtjährige Saffie Roussous Schülerin war, sagte gegenüber der
       Presse, dass Saffie ein besonders freundliches Mädchen gewesen sei.
       
       Die Schule sei jetzt damit beschäftigt, mit der Hilfe von Experten den
       Kindern bei der Verarbeitung des Traumas zu helfen. Man habe in der Schule
       eine Schweigeminute abgehalten und den Popklassiker „Don't stop believing“
       gesungen.
       
       Yvette Cooper, Vorsitzende des parlamentarischen Auschusses für Inneres,
       sagte, sie glaube, dass die Sicherheitsdienste versuchten zu ermitteln, wie
       Abedi radikalisiert wurde und ob die Sicherheitsvorkehrungen ausreichend
       gewesen seien. Das beinhalte auch Fragen des Informationsflusses im
       Internet.
       
       ## Chelsea sagt Feier ab
       
       Eine offene Fragen ist, ob sogenannte Control Orders, die die
       Freiheitsrechte von Bürgern einschränken würden, angewandt werden sollten.
       Doch sowohl Cooper als auch Dominic Grieve, Vorsitzender des
       parlamentarischen Ausschusses für Sicherheits- und Nachrichtendienste
       halten dies nicht für notwendig. Grieve sagte, dass Antiterrorismusgesetze
       umfassend genug seien.
       
       Der Fußballclub Chelsea hat seine Feier am Wochenende wegen des Attentats
       abgesagt. Andere Fußballclubs, darunter auch Manchester United, wollen den
       Opfer durch das Tragen schwarzer Armbinden und Schweigeminuten Respekt
       erweisen.
       
       Der Manchester-United-Spieler YaYa Toure ließ verlauten, dass er für die
       Opfer 100.000 Pfund zur Verfügung stellen werde. Am Montag soll dennoch der
       Manchester Marathon statt finden.
       
       Die Wahlkampagne in Großbritannien ist unterbrochen. Der Vorsitzende der
       rechtspopulistischen Partei Ukip will am Donnerstag dennoch seine Kampagne
       fortsetzen und seine Wahlplattform bekannt geben.
       
       24 May 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/RussellHayward/status/866986800044273664/photo/1
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Zylbersztajn
       
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