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       # taz.de -- Hollands Fußball-Nationalmannschaft: Neuer Glanz mit dem dritten Wisch
       
       > Um sich doch noch für die Fußball-WM zu qualifizieren, setzt das
       > Nationalteam der Niederlande auf Altbewährtes: auf Trainer Dick Advocaat.
       
   IMG Bild: Egal, wie schnell sich der Fußball entwickelt: Dick Advocaat steht (wie hier 2004 in Mönchengladbach) aufm Platz und schaut streng
       
       Von der geballten Ladung Oranje ist nicht mehr viel übrig, das vermittelte
       auch der erste Auftritt des neuen Trainerduos der niederländischen
       Fußballer. Als Dick Advocaat und sein Assistent Ruud Gullit am Dienstag zur
       offiziellen Vorstellung erschienen, steckten sie in hellblauen
       Trainingsjacken, ein Hauch von Orange war nur noch im Verbandsemblem und
       auf den schmalen Streifen an den Ärmeln zu entdecken. Als schämten sich die
       Europameister von 1988 und dreimaligen Vizeweltmeister aktuell, ihre
       identitätsstiftende Farbe allzu deutlich zur Schau zu tragen.
       
       Die Europameisterschaft im letzten Jahr haben sie schon verpasst – nun
       droht auch die Weltmeisterschaft im nächsten Sommer ohne Holland über die
       russische Bühne zu gehen. Das passierte der Elftal zuletzt im Jahr 2002.
       Spott und Häme ergossen sich damals über die Kicker von der Nordseeküste,
       die inzwischen aufpassen müssen, dass ihre Abstinenz bei großen Turnieren
       nicht zur Gewohnheit wird. Frankreich ist in Gruppe A bereits ein Stück
       enteilt, und um zumindest das Übergangsticket in die Playoffs zu lösen,
       müssen noch Schweden (drei Punkte plus) und Bulgarien (zwei Punkte)
       abgefangen werden.
       
       „Eine schwierige Aufgabe, aber alles ist noch möglich“, urteilte Advocaat
       unter der Woche mit gebremstem Optimismus – nachdem seine Inthronisierung
       weder im Land noch in seinem Team Begeisterungsstürme ausgelöst hatten. Die
       erneute Ernennung von Advocaat, der bereits von 1993 bis 1995 und von 2002
       bis 2004 als Bondscoach agierte, gilt nach den Absagen von Roger Schmidt
       und Henk ten Cate als Notlösung. Hans van Breukelen, der Technische
       Direktor, räumte denn auch offen ein, die Mannschaft sei überrascht
       gewesen, als sie von der Entscheidung in der Trainerfrage erfuhr.
       
       Immerhin: Mit dem Heimspiel gegen Luxemburg am Freitag in Rotterdam haben
       Advocaat und sein berühmter Adjutant einen dankbaren Auftakt erwischt.
       Richtig ernst wird es für die Niederländer dann in knapp drei Monaten mit
       den Partien in Frankreich und gegen Bulgarien, das Duell mit Schweden am
       10. Oktober könnte zum großen Showdown werden, sofern dann nicht schon die
       Erkenntnis gereift ist, dass der einst so betörende Offensivfußball à la
       Oranje zum zweiten Mal hintereinander auf dem Abstellgleis gelandet ist.
       
       ## Kein sofortiger, radikaler Neuaufbau
       
       Sonderlich scharf auf die komplizierte Aufbauarbeit beim Nationalteam war
       Dick Advocaat nicht. Im vergangenen August schmiss der als humorloser,
       unnahbarer Schleifer verschriene Coach seinen Job als niederländischer
       Co-Trainer und wechselte zu Fenerbahce Istanbul. Am Bosporus erledigte der
       69-Jährige dann gerade seine letzten Pflichten, als Hans van Breukelen in
       der Heimat zu dieser unerfreulichen Vorgeschichte Stellung nahm. Die
       unguten Gefühle habe er schon erst überwinden müssen, räumte der frühere
       Nationaltorwart ein, ehe er kühl erklärte: „Die Spieler sind, genau wie
       ich, professionell genug, über diese Dinge hinwegzusehen.“
       
       Geglättet wird alles dadurch, dass Advocaats dritte Amtszeit als Hollands
       Chef-Übungsleiter im Herbst schon wieder beendet sein könnte. Sein Vertrag
       ist ebenso wie der von Gullit zunächst auf sechs Monate befristet; für den
       Fall der aktuell eher fraglichen WM-Teilnahme ist dem Duo eine Verlängerung
       des Kontrakts in Aussicht gestellt.
       
       Zu einem sofortigen, radikalen Neuaufbau konnte sich der holländische
       Verband nach den erkennbaren Schwierigkeiten in der Qualifikation, die
       Advocaats Vorgänger Danny Blind Ende März den Job kostete, nicht
       durchringen. „Es gab zwei Szenarien: Eine langfristige Lösung – oder den
       Versuch, uns noch für die WM 2018 zu qualifizieren“, betonte der stark in
       der Kritik stehende van Breukelen. Dann präzisierte er: „Wir haben uns für
       die zweite Möglichkeit entschieden. Und dafür musste ein sehr erfahrener
       Trainer her, vorzugsweise eine Autorität.“
       
       Die haben sie in dem „kleinen General“ zweifellos gefunden, alle
       Nebengeräusche inklusive. Ruud Gullit etwa, der mit dem Job als Assistent
       erstmals seit seinem Rauswurf bei Terek Grosny vor sechs Jahren wieder eine
       Fußballmannschaft trainiert, beendete aufgrund von Streitigkeiten mit
       Advocaat seine Karriere im Nationalteam, wenige Tage vor Beginn der
       Weltmeisterschaft 1994. Und Advocaat, der als ältester Bondscoach aller
       Zeiten gerade seinen 22. Trainerjob angenommen hat, wirkte unter anderem in
       Mönchengladbach, wo er vor gut zwölf Jahren den Ruf eines eifrigen, aber
       erfolglosen Spielereinkäufers erlangte. Ehe es ihn nach kurzen sechs
       Monaten aus dem „Kaufhaus des Westens“ fortzog – zum Nationalteam der
       Vereinigten Arabischen Emirate.
       
       8 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Morbach
       
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