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       # taz.de -- Die Woche in Berlin I: Ein zynisches Argument
       
       > Frauen, die sich durch einen deutschen Scheinvater für ihre Kinder ein
       > Aufenthaltsrecht verschaffen, sollen abgeschoben werden. Das diene ihrem
       > Schutz, so die Behörden
       
   IMG Bild: Babies als Aufenthaltssicherung?
       
       Die Nachricht sorgte in dieser Woche für Aufregung: Nach Recherchen des RBB
       soll es immer mehr Fälle geben, in denen schwangere ausländische Frauen
       ohne Aussicht auf Asyl Männern mit deutscher Staatsbürgerschaft Geld dafür
       bezahlen, dass diese die Vaterschaft für das Kind anerkennen. Der Grund:
       Durch die Vaterschaftsanerkennung bekommt das Kind einen deutschen Pass –
       und auch die Mutter darf dann legal in Deutschland bleiben.
       
       Bis zu 5.000 Euro sollen laut Staatsanwaltschaft für die
       Vaterschaftsanerkennung gezahlt werden. Auch gebe es Fälle, in denen ein
       Mann bis zu zehn Vaterschaften anerkannt habe. Ein Geschäft offenbar, bei
       der die Notsituation von Menschen ausgenutzt wird, um damit Profit zu
       machen. Und eines, das krasse Blüten treibt: So berichtet der RBB von einem
       Fall, in dem ein Neonazi die Vaterschaft für das Kind einer Vietnamesin
       anerkannt hat.
       
       Man muss blind sein, um nicht zu erkennen, in welch verzweifelter Situation
       Frauen sein müssen, für die ein solches Geschäft eine Handlungsoption ist.
       Schuld ist die deutsche Asylgesetzgebung, in der Kinder – anders als etwa
       in den USA – nicht dann die Staatsbürgerschaft erhalten, wenn sie hier
       geboren wurden, sondern nur, wenn die Mutter oder der Vater einen deutschen
       Pass haben.
       
       An dieser Situation müsste sich etwas ändern, wenn man die Lage der
       betroffenen Frauen ändern will. Doch was wurde stattdessen in dieser Woche
       gefordert? Die Ausländerbehörden sollen bei einem Verdacht auf
       Scheinvaterschaften schneller aktiv werden, so wie es ein gerade
       verabschiedetes Gesetzespaket vorsieht. Schließlich sei das auch im Sinne
       der Frauen, hieß es im RBB, die sich sonst in finanzieller Abhängigkeit von
       den Scheinvätern befänden, was teilweise dazu führen würde, dass sie sich
       prostituieren.
       
       Bevor sie sich prostituieren, schieben wir sie lieber ab: Diese
       Argumentation ist an Zynismus kaum zu überbieten. Sie auch noch damit zu
       begründen, das sei im Sinne der Betroffenen – die dafür natürlich nicht
       gefragt wurden – ist scheinheilig und schadet den betroffenen Frauen viel
       mehr, als dass es ihre Position stärkt.
       
       10 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malene Gürgen
       
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