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       # taz.de -- Trainer für Leverkusen und Schalke: Nach oben keine Grenzen
       
       > Heiko Herrlich übernimmt die Mannschaft von Bayer 04 Leverkusen.
       > Jungtrainer Domenico Tedesco ist ein heißer Kandidat für den Posten auf
       > Schalke.
       
   IMG Bild: Herrlich! Der ehemalige Nationalspieler übernimmt den Laden bei Bayer 04 Leverkusen
       
       Rudi Völler hat in den vergangenen Wochen einiges mitgemacht. Das ganze
       Frühjahr über raubte die anhaltende Talfahrt seines Klubs dem Sportdirektor
       den Schlaf. Kaum war dann zumindest der Klassenerhalt mit Ach und Krach
       geschafft, fiel sein Sohn Marco, Bundesliga-Basketballer bei den Gießen
       46ers, durch einen positiven Dopingtest negativ auf. Anfang Juni wurde der
       28-Jährige für drei Monate gesperrt, während sich sein gestresster Vater in
       Leverkusen bei der Suche nach einem Nachfolger für Übergangscoach Tayfun
       Korkut einen Korb nach dem anderen abholte.
       
       In den vergangenen Stunden hellte sich Völlers Gemüt jedoch erkennbar auf,
       was auf eine kurz bevorstehende Lösung in der zähflüssigen Trainerfrage
       hindeutete. Und so saß am Freitagmittag, im blaugrauen, langärmeligen Shirt
       und eingeklemmt zwischen Völler und Geschäftsführer Michael Schade, Heiko
       Herrlich im Presseraum der BayArena. Der Mann, der vor gut einer Woche erst
       Jahn Regensburg im Relegationsduell mit 1860 München in die Zweite Liga
       geführt hatte. „Ich habe es geliebt, dort zu arbeiten“, bekannte der
       45-Jährige, bei dem im Herbst 2000 ein bösartiger Gehirntumor
       diagnostiziert worden war – und sagte unter dem wohlwollenden Lächeln
       seiner neuen Vorgesetzten: „Jetzt bin ich hier in Leverkusen, und da sind
       nach oben keine Grenzen gesetzt.“
       
       So mühevoll, wie die Rheinländer durch ihre schlechteste Saison seit 14
       Jahren gewatet waren, so schwer fiel es ihnen zuvor, einen akzeptablen
       Übungsleiter für sich zu begeistern. Thomas Tuchel, frisch dem unwürdigen
       Eitelkeitstheater in Dortmund entkommen, hatte keine Lust auf ein
       Engagement beim Werksklub. Der umgarnte Niederländer Peter Bosz heuerte
       lieber beim Champions-League-Teilnehmer BVB an – und verzichtete auf die
       große Herausforderung, den Leverkusenern neues Leben einzuhauchen.
       
       Tabellenrang zwölf am Ende der Saison wirkt eben nicht besonders sexy, das
       dürften sich auch unwillige Kandidaten wie Lucien Favre (OGC Nizza) oder
       David Wagner (Huddersfield Town) gedacht haben. „Dass es da auch mal zwei
       Absagen gibt, ist völlig normal“, erklärte Sportchef Völler gefasst,
       während Dritt- oder Viertlösung Herrlich (Vertrag bis 2019) zu seiner
       Rechten meinte: „Es ist doch nicht verkehrt, dass sich der Verein erst mal
       um Trainer kümmert, die große Namen haben. Ich jedenfalls habe das Gefühl,
       dass man mir hier vertraut.“
       
       ## Ein neuer Versuch für beide Vereine
       
       Wenn schon bei Bayer und beim Revierrivalen Dortmund schwer was in Bewegung
       war, durfte auch Schalke 04 nicht zurückstecken. Die Königsblauen schlossen
       die letzte Spielzeit nur zwei Punkte und zwei Plätze besser ab als
       Leverkusen, und seine Meinung zu dieser Performance hatte Christian Heidel
       dem zuständigen Trainer Markus Weinzierl auch unverblümt mitgeteilt. „Die
       Entwicklung hat überall stattgefunden – nur nicht auf dem Spielfeld“,
       donnerte der Manager, der sich selbst den einen oder anderen Schnitzer auf
       dem Transfermarkt leistete, in seiner Saisonanalyse.
       
       Das Urteil verhieß nichts Gutes für den Übungsleiter aus Niederbayern, der
       erst vor zwölf Monaten vom FC Augsburg nach Gelsenkirchen gewechselt war.
       Es war wie für viele seine Vorgänger auch für Weinzierl ein sehr kurzes
       Vergnügen auf dem Berger Feld, laut WAZ, kicker und Bild stand die
       Entlassung des 42-Jährigen am Freitag fest. Allein die Zustimmung des
       Schalker Aufsichtsrats fehlte noch, um den nächsten Neustart bei S04 zu
       besiegeln. Den soll nun offensichtlich der Deutsch-Italiener Domenico
       Tedesco angehen, der zuletzt Erzgebirge Aue vorm drohenden Abstieg aus der
       Zweiten Liga bewahrte.
       
       Eine Klasse höher haben die westlichen Tiefausläufer der abgelaufenen
       Saison nach Dortmund – wo es auf der Führungsebene vor allem im
       zwischenmenschlichen Bereich haperte – nun auch Gelsenkirchen und
       Leverkusen erreicht. Die mitunter aberwitzigen Gerüchte an den beiden
       Krisenstandorten gingen zuletzt sogar so weit, dass Weinzierl, der auf
       Schalke über ein ganzes Jahr hinweg kein schlüssiges Spielkonzept zu
       installieren vermochte, als neuer Chefcoach in Leverkusen gehandelt wurde.
       Es kam dann anders.
       
       Nun starten wohl beide Vereine den Versuch, das festgefahrene Vehikel mit
       erfolgreichen Trainern aus den tieferen Gefilden des nationalen
       Profifußballs wieder flottzumachen. Ein scharfer Blick darauf, was ihre
       sportliche Leitung parallel dazu in den nächsten Monaten abliefert, sollte
       die Chefs bei Bayer und auf Schalke allerdings ebenfalls verbinden.
       
       9 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Morbach
       
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