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       # taz.de -- Polizist über Berliner CDU-Plan: „Tief in die Mottenkiste gegriffen“
       
       > Der Aktionsplan der CDU ist überflüssig, die Konzepte zur Befriedung der
       > Rigaer Straße sind untauglich, sagt Andreas Büttner von der AG Linke
       > Polizisten.
       
   IMG Bild: Frank Henkel (CDU) und Tom Schreiber (SPD) gehören zu den Lieblingsgegnern von Berlins autonomer Szene
       
       taz: Herr Büttner, wird linke Gewalt in Berlin verharmlost? 
       
       Andreas Büttner: Nein, wird sie nicht. Die Einsätze sprechen eine andere
       Sprache. Gegen Straftaten aus der linken Szene wird konsequent vorgegangen.
       Auch von den regierenden Parteien in der Stadt gibt es eine klare
       Distanzierung von links motivierter Gewalt.
       
       Fühlen Sie sich als Polizist im Stich gelassen, wenn es um Angriffe von
       Linksextremisten geht? 
       
       Ich und die Mitglieder des AK Linke Polizisten können das nicht sagen.
       Alles, was wir brauchen, sind die richtige Ausrüstung und vernünftige
       Rechtsgrundlagen. Missbraucht gefühlt haben wir uns dagegen vom ehemaligen
       CDU-Innensenator Frank Henkel, der die Polizei ohne Räumungstitel kurz vor
       der Wahl in die Rigaer Straße geschickt hat, nachdem zuvor Jahre lang
       nichts passiert ist.
       
       In den vergangenen Wochen kam es wiederholt zu Angriffen auf Polizisten in
       der Rigaer Straße. Was ist nötig, um die Lage zu beruhigen?
       
       Die jetzige Situation ist nicht haltbar, und ich erwarte gerade von einem
       linken Senat, dass er hier entschieden vorgeht. Funktionieren kann das nur
       in einem Dreiklang. Was wir dringend brauchen, ist ein Runder Tisch mit
       allen Beteiligten, den Anwohnern, Gewerbetreibenden, Hausverwaltungen;
       nicht mit den extremen Gewalttätern, die wollen eh nicht. Bezirksamt und
       Polizei müssen hier als Kommunikationspartner auftreten. Daneben muss
       selbstverständlich weiterhin gegen diejenigen, die Straftaten verüben,
       repressiv vorgegangen werden. Und wir brauchen mehr Prävention, also eine
       bessere Aufklärung über Extremismus.
       
       Was sollte die Rolle der Polizei sein? 
       
       Die Polizei muss auf die Anwohner zugehen. Wenn man nur mit Hundertschaften
       reingeht, vermittelt die Polizei nicht das Gefühl, ansprechbar zu sein. Nur
       Stärke zu demonstrieren hat uns die ganzen Jahre nicht weitergebracht. Mit
       Kontaktbereichsbeamten vor Ort kann man deutlich mehr erreichen.
       
       Die CDU hat am Mittwoch einen „Aktionsplan gegen linke Gewalt“ vorgestellt.
       Was halten Sie davon? 
       
       Die Kritik der CDU kann ich nicht verstehen. Eben war sie noch selber an
       der Regierung und hat nichts gemacht. Nun greift sie tief in die
       Mottenkiste und hat etwa Videoüberwachung ausgegraben. Was soll uns das
       helfen? Das führt nicht zur Verhinderung von Straftaten. Auch mit der Idee
       einer „Gefährderdatei Linke Straftäter“ kann man im polizeilichen Alltag
       nichts anfangen. Schon jetzt kriege ich bei Personenabfragen die
       Information, ob eine Person als Straftäter bekannt ist. Auch ein
       Aussteigerprogramm bringt nichts und lässt sich nicht von rechts auf links
       übertragen. Die linke Szene ist nicht so formiert, sondern viel offener, da
       kann man rein- und rausgehen.
       
       Mit einer „Gefahrenabwehrverordnung“ für Gebiete wie die Rigaer Straße soll
       die Vermummung und das Mitführen von Waffen verboten werden. Ist das
       sinnvoll? 
       
       Wieso soll etwas verboten werden, was eh verboten ist? Das ist wie eine
       Neuauflage des Konzepts der Gefahrengebiete. Wenn die Politik sagt, wie
       haben Gefahrenbereiche, die wir nicht händeln können, und deswegen braucht
       es einen rechtlichen Sonderbereich, ist das eine Bankrotterklärung.
       
       Gibt es eine Idee der CDU, der Sie zustimmen? 
       
       Ja, die Benennung eines besonderen Staatsanwaltes, der die Strukturen und
       handelnden Akteure kennt. Der kann sehr viel einfacher und besser
       entscheiden als Richter, die immer wieder neu die Situation bewerten
       müssen.
       
       7 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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