# taz.de -- Welt-Konjunkturaufschwung erwartet: OECD blinkt links, bleibt aber auf Kurs
> Der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit: Die Organisation kritisiert
> Ungleichheiten, unterstützt aber Frankreichs neoliberale Reformen.
IMG Bild: Mehr Wachstum mit ihm? Auf Kosten der Angestellten will Macron das Arbeitsgesetz weiter reformieren
Berlin taz | Die Nummer eins der Eurozone hebt sich laut neusten Prognosen
weiter von der Konkurrenz ab. Die Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung OECD attestiert Deutschland mit einem
jährlichen Wachstum von zwei Prozent „glänzende Konjunkturperspektiven“.
Für Frankreich, die zweitstärkste Wirtschaftsnation, rechnet die OECD 2017
mit einem Wachstum von 1,3 Prozent. Die Organisation hob ihre weltweite
Konjunkturprognose für dieses Jahr im Vergleich zum März um 0,2 Punkte auf
3,5 Prozent an.
Die konjunkturelle Belebung reiche aber noch nicht, um eine spürbare
Verbesserung der Lebensverhältnisse in allen OECD-Ländern zu gewährleisten,
sagte OECD-Generalsekretär Gurría am heutigen Ministertreffen. Im Vorfeld
sprach sich Gurría denn auch für Umverteilung statt Leistungsanreize aus:
„Das Steuersystem und das System der Sozialabgaben bringen nicht mehr die
gleichen Korrekturen hervor wie früher“.
In ihrem neusten Bericht empfiehlt die OECD Frankreich nun allerdings das
Gegenteil: Langfristige Steuersenkungen für Firmen und Kürzungen der
Staatsausgaben. „Frankreich leidet unter sehr hohen Steuern, einem zu
rigiden Arbeitsmarkt und an gemessen an der Produktivität zu hohen
Lohnkosten“, sagt Clemens Fuest, Präsident des Instituts für
Wirtschaftsforschung, der taz. Deshalb sei das Wachstum niedriger als in
Deutschland.
## Die Zwänge des internationalen Wettbewerbs
Die geforderte Umverteilung der OECD und die empfohlenen Reformen stünden
klar in Widerspruch zueinander, sagt dagegen der Ökonom Henri Sterdyniak
vom französischen Wirtschaftsobservatorium OFCE, der taz. „Die OECD hat
zwei Etagen; eine spricht sich für mehr soziale Gleichheit aus, die andere
empfiehlt liberale Reformen in den verschiedenen Ländern.“
Dies sei laut Sterdyniak auf die Funktionsweise des Kapitalismus
zurückzuführen: „Jedes Land muss wettbewerbsfähiger werden, alle gemeinsam
sollten aber das Gegenteil tun, um Katastrophen zu vermeiden.“ So würde
Deutschland freiwillig keinen Teil des Kuchens abgeben und weiterhin
fleißig exportieren.
Auf die hohen Exportüberschüssen dürfe sich Deutschland laut OECD Experten
nicht ausruhen, denn dies habe mit dem für die deutsche Ausfuhrwirtschaft
günstigen Wechselkurs des Euro zu tun. „Die hohe Abhängigkeit von Exporten
ist ein gefährlicher Schwachpunkt der deutschen Wirtschaft“, sagt Marcel
Fratzscher, Präsident des Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung.
7 Jun 2017
## AUTOREN
DIR Dario Dietsche
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