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       # taz.de -- Europarat bewertet deutsche Gefängnisse: Haft regional sehr unterschiedlich
       
       > Deutschlands Gefängnisse sind generell in Ordnung. Über eine bayerische
       > Haftanstalt ist die EU-Expertengruppe dann aber doch mindestens
       > verwundert.
       
   IMG Bild: Der Antifolterausschuss kritisiert, dass Gefangene in Kaisheim überhaupt nicht telefonieren konnten
       
       Straßburg dpa | Beim Besuch mehrerer Gefängnisse in Deutschland hat der
       Europarat auffällige Unterschiede [1][zwischen den Bundesländern
       festgestellt]. Ein Beispiel sei die Behandlung von Drogenabhängigen mit
       [2][Ersatzstoffen wie Methadon], heißt es in dem am Donnerstag in Straßburg
       veröffentlichten Bericht des Antifolterausschusses.
       
       So gebe es in der bayerischen Justizvollzugsanstalt Kaisheim aus
       grundsätzlichen Erwägungen in der Regel kein Methadon-Programm. Da eine
       solche Behandlung außerhalb der Anstalt allgemein verfügbar sei, sei dies
       mit dem Grundsatz einer gleichwertigen Versorgung „offenkundig nicht
       vereinbar“. In Celle (Niedersachsen) und Tonna (Thüringen) gebe es dagegen
       entsprechende Angebote.
       
       „Bayern fällt schon auf, was die medizinische Versorgung und den Umgang mit
       Drogenkonsumenten angeht. Da sieht man tendenziell keinen Grund für
       Veränderungen“, sagte Hans Wolff vom Antifolterausschuss. Die
       Expertengruppe hatte Ende 2015 mehrere Gefängnisse besucht, darunter die
       Justizvollzugsanstalt Kaisheim.
       
       Erst im September 2016 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte
       Deutschland verurteilt, weil einem heroinabhängigen Häftling in Kaisheim
       über Jahre ein Ersatzstoff verwehrt wurde. „Es ist kein Zufall, dass das
       Urteil des Menschenrechtsgerichtshofs zur Methadon-Behandlung Bayern
       getroffen hat“, sagte Wolff.
       
       ## „Eklatante Unterschiede“
       
       Die Bundesregierung wies die Kritik als „nicht zutreffend“ zurück. Auch in
       Kaisheim würden Gefangene mit einem Ersatzstoff behandelt. Im Übrigen gebe
       es auch außerhalb der Haft „eklatante Unterschiede“ bei der regionalen
       Verfügbarkeit von Substitutionsprogrammen.
       
       Der Antifolterausschuss bezeichnete es zudem als „unhaltbaren Zustand“,
       dass Gefangene in Kaisheim überhaupt nicht telefonieren konnten. „Wenn das
       vor den Menschenrechtsgerichtshof kommt, könnte Deutschland wieder
       verurteilt werden“, sagte Wolff.
       
       In der Stellungnahme der Bundesregierung heißt es dazu: „Ein generelles
       Telefonverbot für Straf- und Untersuchungsgefangene in Bayern besteht
       nicht.“ So dürfe etwa, wer keinen Besuch bekomme, als Ersatz alle zwei
       Monate telefonieren.
       
       Als „besonders positiv“ hoben die Experten dagegen wieder Celle und Tonna
       hervor. Dort könnten Gefangene eine Multimedia-Ausstattung mit Telefon für
       ihre Zelle mieten.
       
       Der Antifolterausschuss untersucht regelmäßig die Zustände in den
       Gefängnissen der 47 Mitgliedstaaten des Europarats.
       
       1 Jun 2017
       
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