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       # taz.de -- Fed erhöht Leitzins: Trotz der Lohnstagnation
       
       > Die US-Notenbank Fed hebt ihren Leitzins weiter an und will so die
       > Geldpolitik straffen. Warum das aktuell ein riskantes Spiel ist.
       
   IMG Bild: Notenbank-Chefin Janet Yellen will die US-Geldpolitik „normalisieren“
       
       Berlin taz | Es ist schwer abzuschätzen, ob Janet Yellen am Ende des Jahres
       noch Chefin der US-Notenbank Fed sein wird. Das deshalb, weil diese
       Entscheidung beim nicht immer leicht berechenbaren US-Präsidenten Trump
       liegt. Letzterer warnte Yellen unlängst davor, durch zu schnelle
       Zinserhöhungen die Konjunktur abzuwürgen. Genau diesen Kurs führt die
       Notenbank-Chefin jedoch weiter. Die Fed hebt das Leitzins-Zielniveau auf 1
       bis 1,25 Prozent.
       
       Damit erhöht die Notenbank ihren Leitzins bereits zum vierten Mal seit der
       Zinswende in den USA vor eineinhalb Jahren. Geld leihen wird teurer; die
       Zeit der Konjunkturspritzen nach der Finanzkrise soll ein Ende nehmen. Die
       Notenbank begründet die straffere Geldpolitik mit den guten
       Konjunkturaussichten für die US-Wirtschaft.
       
       So fiel die US-Arbeitslosenquote innerhalb des vergangenen Jahres auf 4,3
       Prozent – so tief wie seit 16 Jahren nicht mehr. „Allein der fast leer
       geräumte Arbeitsmarkt rechtfertigt diesen Schritt“, sagt der Chefvolkswirt
       der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau, Jörg Zeuner. Der Fed zufolge
       wirke sich dies bereits jetzt positiv auf die Löhne und Gehälter, sowie das
       Bruttoinlandsprodukt aus.
       
       ## Ohne Investitionen läuft der Kapitalismus nicht
       
       Die Zahlen sprechen jedoch eine andere Sprache: Das US-Wirtschaftswachstum
       war im ersten Quartal mit 1,2 Prozent bescheiden, Löhne und Gehälter legten
       binnen Jahresfrist um lediglich 2,5 Prozent zu; abzüglich der Teuerungsrate
       haben sie fast stagniert. „Die Fed glaubt immer noch an ein nicht der
       Realität entsprechendes Inflationsmodell“, sagt Wirtschaftsforscher Heiner
       Flassbeck.
       
       Diesem zufolge sollten bei sinkender Arbeitslosigkeit die Löhne und mit
       ihnen die Preise steigen. Das ist in den USA aber nicht der Fall. Laut
       Flassbeck funktioniert das auf Wachstum ausgelegte Wirtschaftssystem nur so
       lange, wie Ersparnisse in Investitionen umgewandelt werden. „Wenn sogar bei
       jahrelanger Nullzinspolitik sehr wenig investiert wird, hat der
       Kapitalismus sich selbst besiegt.“
       
       Laut dem Ökonomen ist die Gefahr weiterer Krisen bei Leitzinserhöhungen
       groß. Geben die Banken die Zinslast an Privatleute, etwa in Form von
       steigenden Hypothekenzinsen, drohen neue Krisen wie 2008.
       
       Im Hinblick auf Europa hofft Flassbeck, dass der Chef der Europäischen
       Zentralbank, Mario Draghi, seinen „gesunden Wirtschaftsverstand“ behält und
       die Nullzinspolitik weiterführt. „In Europa sind die Lohnsteigerungen noch
       niedriger und die Arbeitslosigkeit ist um einiges höher“.
       
       15 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dario Dietsche
       
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