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       # taz.de -- Pädagogin über die Freude an Fäkalien: Etwas Verbotenes sagen
       
       > Kinder sprechen gern vom Kacken, weil sie provozieren wollen und weil sie
       > den Prozess schon beherrschen, sagt Pädagogikprofessorin Agi Schründer.
       
   IMG Bild: Turd sells: Ein kleiner Kackhafen bringt japanischen Grundschüler:innen das Lesen bei
       
       In Japan gibt es Übungsbücher für Grundschüler:innen, [1][bei denen in
       jedem der 3.018 Sätze das Wort „Kacke“ steht]. Die Bücher wurden bereits
       1,8 Millionen Mal verkauft. Die Faszination der Kinder für ihre
       Ausscheidungen scheint groß zu sein. 
       
       taz: Frau Schründer, woher kommt die kindliche Freude am Thema Kacken? 
       
       Agi Schründer: Einmal geht es darum, etwas Verbotenes zu sagen. Denn das
       Wort sagt man nicht und Kinder in der Schule wissen das. Sie wollen so
       provozieren. Und das Zweite ist, dass Schulkinder den Prozess schon
       beherrschen. Darauf sind sie stolz und nehmen solche Wörter dementsprechend
       gerne in den Mund.
       
       Sollte es solche Bücher auch in Deutschland geben? 
       
       Schule hat die Aufgabe, Kinder an eine andere Sprache heranzuführen als die
       schnell erlernte Alltagssprache. Wir sprechen da von einer schulischen
       Bildungssprache. Dieses Wort zählt eindeutig nicht dazu.
       
       Und da es Ziel ist, dass Kinder in ihren Wortschatz Begrifflichkeiten
       aufnehmen, die für Schule und für ihre weitere Bildungskarriere wichtig
       sind, würde ich ganz klar sagen: Diese Wortwahl hat in einem Schulbuch gar
       nichts zu suchen. Sogar ganz im Gegenteil: Lehrkräfte sollten Kindern
       gegenüber ein positives Sprachvorbild sein und in ihrer Wortwahl auch
       solche Begrifflichkeiten vermeiden.
       
       Also sollte man besser nicht den Spaß der Kinder an dem Wort „Kacken“
       nutzen und lieber gar nicht über das Thema sprechen? 
       
       Man kann es durchaus ansprechen. Aber eben mit einer anderen Wortwahl. Wenn
       die Lehrerin mit einer Situation konfrontiert wird, wo Kinder dieses zum
       Thema machen und auch diese Wortwahl verwenden, würde ich die Situation
       aufgreifen und eine Wortschatzanreicherung machen. Also den Kindern
       beibringen, ihre Alltagssprache in eine Sprache zu transformieren, die den
       Sachverhalt korrekt und angemessen beschreibt.
       
       6 Jun 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/lehrbuch-in-japan-kacke-in-3018-saetzen-a-1150768.html
       
       ## AUTOREN
       
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