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       # taz.de -- Petition der Woche: Naturschutz unter einem Dach
       
       > Die Biosphäre in Potsdam ist warm, feucht, schön – und ein
       > Verlustgeschäft. Aber sollte sie deswegen gleich verschwinden?
       
   IMG Bild: Selbst Modedesigner Wolfgang Joop kommt gerne in die Biosphäre
       
       In Potsdam wird nichts abgerissen, ohne dass es vorher hitzige Debatten
       gegeben hätte. Bürgerbeteiligung mobilisiert sich hier von selbst, wenn es
       um Gebäude geht. Meistens sind die barock oder sozialistisch – oder eben
       die zur Bundesgartenschau 2001 für 30 Millionen Euro errichtete Biosphäre.
       
       Die Halle am Rande des Buga-Parks im Potsdamer Norden ist ein Tropenhaus
       mit rund 20.000 Pflanzen und 350 exotischen Tieren, ein beliebtes
       Ausflugsziel besonders an kalten, grauen Tagen. Betrieben und jährlich mit
       gut 1,5 Millionen Euro bezuschusst wird sie von der Stadt, genauer von der
       städtischen Bauholding Pro Potsdam.
       
       Bis zum vergangenen Jahr musste die Biosphäre als Touristenattraktion
       genutzt werden, das war die Vereinbarung mit dem Land, das kräftig
       Fördermittel beigesteuert hatte. Weil der Betrieb aber seit mittlerweile
       über einem Jahrzehnt defizitär läuft, wird seit 2010 ein neuer Betreiber
       gesucht. Gefunden wurde bislang keiner.
       
       Ideen, was mit der Tropenhalle geschehen soll, wucherten indes wild. Abriss
       oder Umbau – aber zu was? Derzeit treffen sich dort Muslime zum
       Freitagsgebet – aber auch nur bis eine neue Moschee fertig ist.
       
       ## Jeder Umbau wäre teurer
       
       Also die Halle ganz abreißen, wie es die Potsdamer Grünen vorschlagen? Das
       würde etwa 4 Millionen Euro kosten. Doch dagegen wehren sich viele Bürger.
       Nora Kiesant hat [1][eine Petition] auf den Weg gebracht: gegen einen
       Abriss, für eine Weiternutzung in modifizierter Form. Und vor allem: für
       den Erhalt der Arbeitsplätze für 20 Jahre. Mehr als 3.000 Menschen haben
       seit dem 24. Mai unterschrieben, rund ein Drittel davon aus Potsdam.
       
       Kiesant hat daran auch persönliches Interesse: Sie hat als selbstständige
       Umweltpädagogin an der Biosphäre gearbeitet und ist heute dort als
       Serviceleiterin angestellt. Und sie hängt an diesem Ort, an dem Schüler so
       viel über Natur und Umweltschutz lernen könnten. „Klar, all die anderen
       Dinge, die als Nutzungsoption immer wieder im Gespräch sind – ein
       Jugendklub, eine Schule, ein Kiezbad –, sind für den Stadtteil hier auch
       wichtig“, sagt sie. „Aber dafür gibt es andere Orte.“ Außerdem sei der
       dafür nötige Umbau viel zu teuer oder technisch nicht umsetzbar. Zu dem
       Schluss kommt auch Pro Potsdam. Den gewölbten Boden der Halle zu
       begradigen, wäre viel zu teuer.
       
       Kiesants Petition unterstützt den Vorschlag von Oberbürgermeister Jann
       Jacobs von der SPD. Er will einen neuen Betreiber über eine europaweite
       Ausschreibung suchen. Jemanden mit neuem, attraktiverem und
       wirtschaftlicherem Konzept. Bis sich das trägt, so heißt es im
       Petitionstext, soll die Stadt die Förderung auf 1,9 Millionen Euro erhöhen.
       Weil sich aber niemand findet, wollen die Fraktionen von SPD und CDU die
       Ausschreibung jetzt erweitern um Betreiber, die Sport- und Spielangebote
       etablieren wollen.
       
       Kiesant ist dagegen. Zu teuer sei das, der Ort zu besonders. Tatsächlich
       würde Potsdam mit der Tropenhalle eine der wenigen Touristenattraktionen
       verlieren, die nichts mit Barock zu tun haben.
       
       16 Jun 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.openpetition.de/petition/online/erhalt-der-biosphaere-potsdam-als-tropenhalle
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ariane Lemme
       
       ## TAGS
       
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