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       # taz.de -- Kommentar Bahn-Brandanschläge: Ist falsch und trifft die Falschen
       
       > Die Leute, denen die G-20-Gegner mit ihren Anschlägen eins auswischen
       > wollten, fahren selten mit der Bahn. Aber das ist nicht das einzige
       > Problem.
       
   IMG Bild: No train, much pain
       
       Das Bekennerschreiben zeugt von grandioser Selbstüberschätzung: „Wir
       greifen ein in eines der zentralen Nervensysteme des Kapitalismus“, heißt
       es da. Und, leicht bedrohlich: „Wir werden die Maschinisten nicht
       aufhalten, noch nicht. Aber wir zeigen auf, wie es möglich ist, die
       Maschine zum Stottern zu bringen.“ Ja, klar.
       
       Jetzt mal halblang. Die Maschine, die am frühen Montagmorgen von den
       Brandanschlägen im gesamten Bundesgebiet getroffen wurde, ist nicht der
       Kapitalismus – es sind einfach nur Züge, mit denen Hunderte Menschen von
       der Nachtschicht kamen oder gerade zur Arbeit fahren wollten.
       
       Das ist das erste Problem der Aktion: Sie trifft die Falschen. Donald Trump
       wird in der Air Force One oder in Luxuslimousinen gesichtet, aber selten in
       deutschen Regionalzügen. Die nutzen die, die üblicherweise unter dem
       Kapitalismus leiden: ArbeiterInnen und Angestellte, die am Montag nun müde,
       genervt und frustriert warten mussten. Und die sollen sich spontan mit dem
       Widerstand gegen den Kapitalismus oder auch nur mit dem gegen G 20
       solidarisieren? Kaum.
       
       Das zweite Problem ist, dass mit Aktionen wie diesen die Gipfelproteste
       schon im Vorfeld diskreditiert werden. Alle Proteste, die für Hamburg
       angekündigt sind, und gerade die linksradikalen werden nun noch mehr Mühe
       haben als ohnehin schon, ihre inhaltlichen Anliegen zu vermitteln, ihre
       Legitimität zu begründen und jenseits des eigenen Spektrums offene Ohren
       zu finden. Der Druck, sich von Gewalt zu distanzieren, dürfte den Diskurs
       nun noch stärker prägen als bisher.
       
       Und schließlich spielt die Aktion denen in die Hände, die Hamburg momentan
       zur Polizeifestung hochrüsten: Falls noch irgendwer ein Argument brauchte,
       den 20.000 PolizistInnen, ScharfschützInnen und der bereitstehenden GSG 9
       noch etwas hinzuzufügen – hier ist es. Eine bundesweit konzertierte Reihe
       von Brandanschlägen, bitte schön.
       
       Die Aktion ist also in Sachen Zielgruppe, Öffentlichkeitsarbeit und
       handfester Konsequenzen gründlich schiefgegangen. Zu blöd, dass sie noch
       nicht mal innerhalb der eigenen Szene verfängt: Auf Indymedia wird
       überwiegend hämisch kommentiert. „Als nächstes klaut ihr mir mein Fahrrad
       gegen Kapitalismus oder was?“, schreibt einer. „Ihr Volltrottel.“
       
       19 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patricia Hecht
       
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