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       # taz.de -- Civil-20-Treffen in Hamburg: Merkel umwirbt Zivilgesellschaft
       
       > Die Kanzlerin soll beim G-20-Gipfel für Klimaschutz und fairen Handel
       > streiten, sagen Organisationen. Die sieht das eher als Unterstützung an.
       
   IMG Bild: Fast so schön wie das Familienfoto später beim echten Gipfel: Merkel und Vertreter der Zivilgesellschaft
       
       Hamburg taz | Für jenen Teilen der Zivilgesellschaft, die sich mit
       kritischen, aber konstruktiven Positionen an die G-20-Staaten wenden
       wollen, hätten die Brandanschläge kaum zu einem ungünstigeren Zeitpunkt
       kommen können. In einem monatelangen Prozess hatten Vertreter von Umwelt-
       und Entwicklungsorganisationen aus aller Welt an ihren Forderungen
       gearbeitet, am Sonntag wurden sie von 400 VertreterInnen aus 60 Ländern in
       Hamburg final diskutiert, um sie am Montag zum Abschluss des sogenannten
       Civil-20-Treffens schließlich an Bundeskanzlerin Angela Merkel zu
       übergeben.
       
       Doch plötzlich ziehen einige autonome G-20-Gegner nicht nur die
       Aufmerksamkeit auf sich, sondern transportieren mit der Zerstörung von
       Infrastruktur der Bahn auch inhaltlich eine Botschaft, die die Forderungen
       der Nichtregierungsorganisationen nach mehr Investitionen in
       klimafreundliche Infrastruktur verhöhnen. Eine offizielle Stellungnahme
       dazu gibt es beim Gipfel am Montag nicht. „Wir setzen auf Dialog und
       friedlichen Protest“, sagt Heike Spielmans vom entwicklungspolitischen
       Dachverband Venro nur.
       
       Deutlicher wird Jürgen Maier, der als Geschäftsführer des NGO-Dachverbands
       Forum Umwelt und Entwicklung das internationale Treffen in Hamburg mit
       organisiert hat: „Ich hoffe, dass die sich für einen solchen Schwachsinn
       wenigstens von der Autoindustrie bezahlen lassen“, sagt er der taz.
       
       Auch Merkel ging in Hamburg indirekt auf die Anschläge ein. „Ich finde es
       gut, dass es Kritiker gibt“, sagte sie. „Aber es versteht sich von selbst,
       dass solche Kritik friedlich sein muss.“ Ansonsten bemühte sie sich um
       einen Schulterschluss mit den G-20-kritischen Organisationen: „Ich bin
       dankbar, dass wir eine starke Zivilgesellschaft hinter uns haben, und
       manchmal auch konstruktiv gegen uns.“
       
       ## Merkel zwischen Lob und Kritik
       
       Die NGO-Vertreter revanchierten sich für die freundlichen Worte. Zwar
       kritisierten sie einzelne Politikfelder, etwa die von Merkel unterstützten
       Freihandelsverträge Ceta und TTIP oder ihren Fokus auf Wirtschaftswachstum.
       Doch insgesamt bekam die Kanzlerin viel Applaus. Die G-20-Gastgeberin
       genieße bei vielen Teilnehmern des Civil-20-Treffens ein hohes Ansehen,
       berichtete Heike Spielmans. „Im Vergleich zu den Regierungschefs anderer
       Länder erscheint sie als Lichtgestalt.“
       
       Die deutschen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen sehen die deutsche
       Position hingegen kritischer. Auch hierzulande gebe es große Differenzen
       zwischen Ankündigungen und tatsächlicher Politik der Bundesregierung, etwa
       beim Klimaschutz sagte Ernst-Christoph Stolter vom Forum Umwelt und
       Entwicklung.
       
       ## Auch Konservative aus China und Saudi-Arabien dabei
       
       Im Positionspapier, das die NGO-VertreterInnen am Montag mit wenigen
       Gegenstimmen verabschiedeten, fordern sie „von allen Regierungen“, die sich
       am 7. und 8. Juli in Hamburg treffen, „mutige Aktionen“, um Armut zu
       stoppen, die Finanzmärkte zu regulieren und den Klimawandel aufzuhalten.
       Dabei dürften sie sich nicht vom US-Präsidenten Donald Trump aufhalten
       lassen, der angekündigt hat, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen.
       Die übrigen 19 der G-20-Staaten müssten ihr „uneingeschränktes Engagement“
       zur Umsetzung der Pariser Ziele bestätigen, heißt es im Papier.
       
       Bei der Erarbeitung bekamen übrigens auch die Vertreter der
       Zivilgesellschaft einen Eindruck davon, wie schwer es sein kann, sich im
       internationalen Kontext auf gemeinsame Ziele zu einigen. Denn vertreten
       waren neben vielen kritischen Organisationen auch eine große Zahl
       regierungsnaher Verbände etwa aus China oder eine NGO zur Verringerung der
       Scheidungsrate aus Saudi-Arabien.
       
       20 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malte Kreutzfeldt
       
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