# taz.de -- Vor dem Gipfel in Hamburg: Ein Spezialknast für G-20-Gegner
> Die Hamburger Polizei hat eine Gefangenensammelstelle eingerichtet.
> Militante G-20-Gegner*innen sollen bis zu zehn Stunden festgehalten
> werden.
IMG Bild: Vorerst nur für Journalisten und Polizisten geöffnet: das Containergefängnis in Hamburg
Hamburg taz | Lange sollen die Gefangenen hier nicht einsitzen – man wolle
gewalttätige G-20-Gegner*innen durchschleusen, sagte ein Polizeisprecher.
Am Dienstag hat die Hamburger Polizei der Öffentlichkeit ihre eigens für
die Proteste gegen den G-20-Gipfel vom 7. und 8. Juli eingerichtete
Gefangenensammelstelle (Gesa) präsentiert. Die Polizei rechnet mit massiven
Ausschreitungen und spricht von 8.000 gewaltbereiten Linksextremen aus dem
In- und Ausland.
Schon am Donnerstag soll die G-20-Gesa in Betrieb gehen. Dann beginnt auch
der „größte Polizeieinsatz in der Geschichte Hamburgs“, wie es
Einsatzleiter Hartmut Dudde vergangene Woche vor der Presse angekündigt
hat. Dafür hat die Stadt für schätzungsweise 3 Millionen Euro eine
ehemalige Großmarkthalle in Harburg umgebaut – die genauen Kosten könne man
noch nicht absehen, sagte ein Polizeisprecher.
Im Herbst 2015 waren an dieser Stelle 1.400 Geflüchtete untergekommen,
zuletzt lebten noch 500 Menschen in der Halle. Jetzt ist Platz für 400
G-20-Gefangene. In Containern, die in der 11.000 Quadratmeter großen Halle
stehen, sollen sie festgehalten werden, bevor sie einer Richter*in
vorgeführt werden.
Das ist das Besondere an der G-20-Gesa: Direkt auf dem Grundstück, neben
dem Gefangenentrakt, werden während der Gipfeltage und in der Woche davor
rund um die Uhr Richter*innen arbeiten, um über den Freiheitsentzug der
Demonstrant*innen zu entscheiden.
## Im Zweifel: nackig machen
Jede Ingewahrsamnahme ist nach dem Gesetz „unverzüglich“ – also
schnellstmöglich – von einer Haftrichter*in zu überprüfen. Der polizeiliche
„Unterbindungsgewahrsam“, der bis zu zwei Wochen andauern kann, muss
richterlich abgesegnet werden.
Das normalerweise zuständige Amtsgericht aber liegt direkt an der roten
Zone um den Tagungsort Messehallen und wird deshalb kaum arbeitsfähig sein.
Alle G-20-Fälle sollen auf der südlichen Elbseite in Harburg abgewickelt
werden.
„Das ist Gewaltenteilung par excellence“, schwärmte Polizeisprecher Ulf
Wundrack. Mit den Richter*innen direkt auf dem Gesa-Gelände sollen die
Festgenommenen „innerhalb kürzester Zeit, spätestens aber nach sechs bis
zehn Stunden, eine*r Richter*in vorgeführt werden – und dann raus oder in
den Knast kommen. Auf der Elbhalbinsel Hahnhöfersand wurde das ehemalige
Frauengefängnis vor dem Gipfel zum Untersuchungsknast umgebaut.
Das Prozedere in der G-20-Gesa ist so geplant: Zuerst soll in zehn
Containern vor der Halle im Schnellverfahren die Identität der
Demonstrant*innen festgestellt werden. Per Fingerabdruck-Scan wird jede*r
elektronisch erfasst. In einer Kabine erfolgt eine genauere Durchsuchung –
also im Zweifel: nackig machen. Danach müssen die Demonstrant*innen zur
Vernehmung in einen anderen Container. Wer bei der Festnahme Widerstand
geleistet hat oder als „besonders renitent“ aufgefallen ist, kommt in eine
3,2 Quadratmeter-Einzelzelle. Darin: eine Liege ohne Matratze. Durch einen
Türspion können Polizist*innen die Insassen beobachten.
Neben 50 Einzelzellen gibt es 70 Sammelzellen von je 9 Quadratmetern Größe.
Dort sollen bis zu fünf Personen einsitzen – macht also 1,8 Quadratmeter
Platz pro Person. Toiletten gibt es nur draußen. Die Hamburger Linkspartei
kritisierte die Unterbringung als „menschenunwürdig“. Die Polizei verweist
dagegen auf die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, die ihr Okay für
die Gesa gegeben habe.
20 Jun 2017
## AUTOREN
DIR Katharina Schipkowski
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