URI: 
       # taz.de -- Kommentar zu Mindestlohn in Berlin: Auch 16 Cent können etwas ändern
       
       > Berlin hebt den landeseigenen Mindestlohn auf neun Euro an. Das macht
       > keinen Riesenunterschied – aber es hilft auf jeden Fall.
       
   IMG Bild: Jetzt gibt es mehr als 8,50 Euro!
       
       Zugegeben, 16 Cent mehr pro Stunde hören sich nicht nach dem großen
       politischen Wurf an. Sie wie die grüne Wirtschaftssenatorin Pop als Mittel
       darzustellen, die weniger verdienenden Berliner am wirtschaftlichen
       Aufschwung der Stadt teilhaben zu lassen, hat schon etwas, drücken wir es
       mal nett aus, Mutiges.
       
       Zumal man am Dienstag bei der Pressekonferenz des Senats zumindest eingangs
       den Eindruck haben konnte, die Koalition feiere sich für eine Erhöhung um
       einen halben Euro – weil ja der Landesmindestlohn bisher bei 8,50 Euro lag.
       Und doch sind auch jene 16 Cent, mit denen die Berliner Regelung ab August
       über dem bundesweit gültigen Mindestlohn von 8,84 liegt, nicht als
       irrelevant abzutun.
       
       Es ist tatsächlich so, wie es Pops Kollegin vom Arbeitsressort, Elke
       Breitenbach, beschrieb: Es gibt eine Untergrenze beim Verdienst, ab der es
       ohne staatliche Hilfe nicht geht. Dafür sorgen zu wollen, dass kein
       Vollzeittätiger mehr in die Lage kommt, in zumeist als erniedrigend
       empfundener Weise um Hilfe, ums Aufstocken bitten zu müssen, ist der
       richtige Ansatz. Ob 9 Euro die richtige Höhe darstellen und ob die
       Berechnungsweise stimmt, ist eine andere Frage.
       
       16 Cent mehr pro Stunde oder 25 Euro im Monat, das kann eine nötige neue
       Hose sein, das kann ein dringend gebrauchtes Ersatzteil am Fahrrad sein,
       das für den Weg zur Arbeit unabdingbar ist. Wer nie aufs Geld achten
       musste, mag entgegnen, dass sich das doch irgendwie schon zusammenkratzen
       lässt. Nein, eben nicht, wenn alles bereits für anderes gebraucht wird. Da
       lässt sich gar nichts zurücklegen, da hilft irgendwann nur der Gang zum
       Amt.
       
       Wer sich genau unter dieser Grenze bewegt, für den machen 16 Cent pro
       Stunde definitiv etwas aus, ganz praktisch und auch emotional, weil der
       Bittgang wegfällt. Es ist, wie wenn man mit dem Kopf unter Wasser steht: Da
       ist es egal, ob es nur wenige Zentimeter bis zur Oberfläche sind oder
       mehrere Meter – wer unter Wasser ist, kriegt keine Luft. Er braucht
       jemanden, der ihn die entscheidenden Zentimeter nach oben zieht.
       
       21 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
       ## TAGS
       
   DIR R2G Berlin
   DIR Mindestlohn
   DIR Finanzen
   DIR Mindestlohn
   DIR Schwerpunkt Korruption
   DIR Agentur für Arbeit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Senat: Mindestlohn steigt stark
       
       Senat will Anstieg von 9,01 auf 12,50 Euro für Landesbedienstete und
       Auftragnehmer. Das Abgeordnetenhaus muss dem noch zustimmen.
       
   DIR Pläne von Peter Hartz: Kommt jetzt etwa Hartz V?
       
       Sein Ruf könnte kaum ruinierter sein. Trotzdem sucht der Vater von Hartz IV
       jetzt mit neuen Plänen die Aufmerksamkeit der Medien.
       
   DIR Pläne der Bundesagentur für Arbeit: Mehr Hilfe für die Abgehängten
       
       Der Chef der Bundesagentur, Detlef Scheele, plant Maßnahmen für
       Langzeitarbeitslose. Bisher galt die „geförderte Beschäftigung“ als
       gescheitert.