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       # taz.de -- Sicherheit bei der Fête de la Musique: Polizeifahrzeuge statt Betonpoller
       
       > Konzerte an vielen Orten: Das kann man nicht komplett absichern, sagt die
       > Organisatorin. Bei anderen Veranstaltungen gibt es strengere Auflagen.
       
   IMG Bild: Musik auf vielen Plätzen in ganz Berlin gibt's nur zur Fête de la Musique!
       
       Wenn die MusikerInnen zur Fête de la Musique am Mittwochabend auf
       Bürgersteigen, provisorischen Bühnen und in Parks ihre Konzerte spielen,
       dann kann jedeR kommen und gehen. Das ist die Idee der auf die
       verschiedenen Kieze verteilten Fête – und ihr Charme: Niemand zahlt
       Eintritt, alle können zuhören, tanzen, gemeinsam feiern. Einfach so, vor
       der eigenen Haustür.
       
       Einlasskontrollen sind bei so einer offenen Veranstaltung nicht möglich,
       geschweige denn eine komplette Absicherung durch die Polizei. „Die Fête ist
       ein Angebot an das Leben“, sagt Organisatorin Simone Hofmann. Mit der
       Polizei sei zwar eine Kommunikationskette abgesprochen, falls etwas
       passiere. Eine vollkommene Sicherheit könne es aber nicht geben, so
       Hofmann. „Jeder muss für sich entscheiden, ob er die Fête besucht oder
       nicht.“
       
       Bei anderen öffentlichen und kommerziellen Veranstaltungen macht sich die
       abstrakte Terrorgefahr sehr wohl bemerkbar: Beim Karneval der Kulturen
       waren Uniformierte mit Maschinenpistolen unterwegs. Beim Kirchentag saßen
       Polizisten vier Tage und Nächte hinter Monitoren, um den Breitscheidplatz
       und den Alexanderplatz zu überwachen.
       
       Das meiste spielt sich dabei hinter den Kulissen ab. Aber nicht alles lässt
       sich vor der Öffentlichkeit verbergen. Polizeisprecher Winfrid Wenzel
       beschreibt es so: „Wir wollen so wenig wie möglich spürbar sein, müssen
       aber sofort reagieren können.“
       
       ## Keine Anweisung der Polizei
       
       Das sei auch der Grund, warum die Polizei die Zufahrtswege zu
       Großveranstaltungen oder dem Olympiastadion vermehrt mit schweren
       Polizeifahrzeugen versperrt statt mit Betonpollern. Verhindert werden soll
       damit, dass ein Attentäter – so wie am 19. Dezember auf dem
       Breitscheidplatz geschehen – mit Vollgas in die Menge fahren kann.
       
       Als Straßensperren bevorzugt würden die alten Gruppenwagen der Polizei, im
       Volksmund Wannen genannt, sagt Wenzel. Die Polizeitransporter wirkten auch
       weniger martialisch als die Räumungsfahrzeuge mit ihren breiten Reifen und
       Fenstern in der Größe von Schießluken. Im Bedarfsfall ließen sie sich zudem
       schneller umsetzen.
       
       Dass zunehmend Rucksäcke abgegeben werden müssen, gehe nicht auf eine
       Anweisung der Polizei zurück, sagt Wenzel. „Das entscheiden die
       Veranstalter, ist aber durchaus in unserem Sinne“, so der Sprecher. „Alles,
       was nicht in Gebäude hineingelangt, verbessert die Sicherheitslage.“ Die
       Polizei könne wie beim Kirchentag lediglich appellieren, beim Besuch von
       Veranstaltungen auf große Gepäckstücke zu verzichten.
       
       Tatsächlich haben sich inzwischen viele Veranstalter entschieden, dass
       keine Rucksäcke mehr mit in die Häuser oder Hallen genommen werden dürfen.
       Seit Herbst sind etwa in der Max-Schmeling-Halle und im Velodrom nur noch
       Taschen erlaubt, die nicht größer sind als DIN A4, also 20 auf 30
       Zentimeter, berichtet Sybil Franke, Geschäftsführerin des Betreibers
       Velomax. Anders als früher würden BesucherInnen heute zudem durch
       aufgestellte Schleusengitter geführt und frühzeitiger und gründlicher
       kontrolliert, berichtet Franke. Das dauere seine Zeit. „Wir bitten darum,
       dass die Leute eher zu den Einlässen kommen.“
       
       ## Sicherheitsstandards erhöht
       
       Auch der Veranstalter Semmel Concerts, der Megakonzerte wie von Marius
       Müller-Westernhagen oder Helene Fischer organisiert, lässt nur noch Taschen
       im DIN-A4-Format zu. Die Betreiber der Arena am Ostbahnhof wiederum
       bewerten die Sicherheitslage bei jeder Veranstaltung neu, wie Sprecher
       Moritz Hillebrand erläutert. „Bereits im letzten Sommer haben wir aber an
       allen Türen Durchgangs-Metalldetektoren installiert und somit die
       Sicherheitsstandards grundsätzlich erhöht.“
       
       Im Naturkundemuseum mussten BesucherInnen in den Weihnachtsferien ihre
       Rucksäcke abgeben. Das habe das Museum auch unter dem Eindruck des
       Anschlags vom Breitscheidplatz so entschieden, berichtet Sprecherin Gesine
       Steiner. Nach den Ferien hätten sie die Regelung aber wieder aufgehoben:
       Jetzt muss man große Gepäckstücke draußen lassen, ein Tagesrucksack darf
       aber wieder mit hinein.
       
       Steiner sieht es ganz ähnlich wie Hofmann, die Organisatorin der Fête de la
       Musique. Auch sie sagt: „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es sowieso
       nie.“
       
       21 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Antje Lang-Lendorff
   DIR Plutonia Plarre
       
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