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       # taz.de -- Astronomische Entdeckung: Wie man einen Stern wiegt
       
       > 100 Jahre stritten Forscher über das Gewicht des Sterns „Stein 2051B“.
       > Nun haben sie eine Antwort gefunden – dank Einsteins Relativitätstheorie.
       
   IMG Bild: Wenn sonnenähnliche Sterne das letzte Mal auflodern, bleibt nur Nebel („weißer Zwerg“) übrig
       
       Washington dpa | Wiegen mit Licht: Mit Hilfe von Albert Einsteins
       Allgemeiner Relativitätstheorie hat ein Astronomenteam die genaue Masse
       eines Weißen Zwergsterns bestimmt. Die akribische Messung mit dem
       „Hubble“-Weltraumteleskop liefert nicht nur eine weitere Bestätigung für
       Einstein, sondern beendet auch eine jahrzehntealte Kontroverse über die
       Masse des untersuchten Zwergsterns. Nach Einsteins Theorie lenkt ein
       schweres Objekte im All das Licht ab. Vom Grad der Ablenkung kann man auf
       die Masse dieses Objekts – beispielsweise eines Sterns – schließen.
       
       Die Forscher um Kailash Sahu vom Space Telescope Science Institute in
       Baltimore (US-Bundesstaat Maryland) stellten ihre Beobachtungen im
       Fachblatt „Science“ vor. Demnach beträgt die Masse des Weißen Zwergs mit
       der Katalognummer Stein 2051 B etwa zwei Drittel (67,5 Prozent plusminus
       0,5 Prozent) der Masse unserer Sonne. Weiße Zwerge sind die kollabierten
       Überreste ausgebrannter Sterne.
       
       Die Untersuchung stelle Astronomen ein neues Werkzeug zur Verfügung, um die
       Masse kosmischer Objekte zu bestimmen, heißt es in einem
       „Science“-Begleitkommentar.
       
       Massereiche Objekte wie Sterne krümmen nach Einsteins Theorie die Raumzeit
       und können dadurch Licht ablenken wie eine Linse. Dieser
       Gravitationslinseneffekt wurde erstmals während einer Sonnenfinsternis im
       Jahr 1919 beobachtet: Die Position von Sternen nahe dem Rand der
       verdunkelten Sonne erschien leicht verschoben. Einstein wurde für seine
       Vorhersage gefeiert, ein wesentlicher Teil seines Ruhms gründet auf dieser
       Beobachtung.
       
       Nicht nur die Sonne kann so die scheinbare Position entfernter Sterne
       verschieben, sondern auch ein anderer, näherer Stern. Allerdings ist der
       Effekt dann sehr viel kleiner. Außerdem müssen Vordergrund- und
       Hintergrundstern zufällig genau in einer Linie stehen. Einstein selbst
       glaubte nicht, dass sich dieser Effekt jemals beobachten lasse, wie er 1936
       ebenfalls in „Science“ schrieb.
       
       ## Eine alte Kontroverse beendet
       
       Genau dies ist dem Team um Sahu nun jedoch mit „Hubble“ gelungen: Die
       Forscher konnten messen, wie sich die scheinbare Position eines 5.000
       Lichtjahre entfernten Sterns änderte, als der 17 Lichtjahre von uns
       entfernte Weiße Zwerg mit der Katalognummer Stein 2051 B vor ihm
       vorüberzog. Ein Lichtjahr ist die Strecke, die das Licht in einem Jahr
       zurücklegt.
       
       Ergebnis der Messung: Die Sternposition änderte sich um rund 0,56
       millionstel Grad. Die Astronomen bestimmten die Masse des Weißen
       Zwergsterns daraus auf 67,5 Prozent der Sonnemasse. „Es ist, als ob man den
       Stern auf die Waage legen würde“, erläutert Sahu in einer Mitteilung seines
       Instituts. „Die Ablenkung ist analog zur Bewegung der Nadel auf der Waage.“
       
       Die Messung beendet eine über 100 Jahre alte Kontroverse über die Masse von
       Stein 2051B. Der Weiße Zwerg hat einen roten Zwergstern als Begleiter. Aus
       der Bewegung der beiden Sterne hatten frühere Astronomen eine Masse
       berechnet, die eine unerwartete Zusammensetzung des Weißen Zwergs erfordert
       hätte. Die neue Bestimmung der Masse deckt sich nun mit der Theorie der
       Weißen Zwerge. „Wir wissen jetzt, dass Stein 2051 B ganz normal ist“,
       betont Terry Oswalt von der Embry-Riddle-Luftfahrt-Universität in Daytona
       Beach (US-Staat Florida) im „Science“-Kommentar.
       
       Weiße Zwerge sind das häufigste Endstadium von Sternen. „Mindestens 97
       Prozent aller Sterne, die je in unserer Galaxie entstanden sind,
       einschließlich unserer Sonne, werden als Weiße Zwerge enden oder sind
       bereits welche“, betont Oswalt. „Sie sagen uns etwas sowohl über unsere
       Zukunft als auch über unsere Vergangenheit.“
       
       8 Jun 2017
       
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