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       # taz.de -- Nach der Wahl in Großbritannien: Helfende Hand aus Belfast
       
       > Die Tories um Theresa May sind auf die Hilfe der erzkonservativen
       > Unionisten angewiesen. Die freuen sich über den gestiegenen Einfluss.
       
   IMG Bild: DUP-Politiker um Arlene Foster in Belfast
       
       Dublin taz | Nordirlands Loyalisten wollen den Tories aus der Patsche
       helfen. Nachdem die britische Premierministerin Theresa May mit ihrem
       Versuch, ihre Mehrheit im Unterhaus durch vorgezogene Neuwahlen auszubauen,
       gescheitert ist und die Tories die absolute Mehrheit eingebüßt haben,
       benötigt sie Partner, um an der Macht zu bleiben.
       
       Die erzkonservative nordirische Democratic Unionist Party (DUP) ist willig.
       Sie konnte bei den Wahlen am Donnerstag um zwei Sitze zulegen und ist mit
       nunmehr zehn Mandaten ein attraktiver Partner für die Tories. Jeffrey
       Donaldson, der DUP-Fraktionschef im Londoner Unterhaus, sagte
       freudestrahlend: „Das ist absolut perfekt für uns. Da die Konservativen
       keine absolute Mehrheit gewonnen haben, sind wir in einer starken
       Verhandlungsposition. Das werden wir genüsslich auskosten.“
       
       May hat bereits angekündigt, dass sie mit ihren „Freunden und Verbündeten“
       in der DUP zusammenarbeiten werde, um für die nächsten fünf Jahre an der
       Regierung zu bleiben. Ob ihre eigene Partei so lange mitspielen wird, ist
       zu bezweifeln. May gilt nach dem Wahl-Fiasko als „lahme Ente“, die auf die
       Wünsche ihrer rechten Hinterbänkler Rücksicht nehmen muss.
       
       May ging am Freitag schnurstracks zur Königin und holte sich die Erlaubnis
       zur Regierungsbildung ab. „Diese Regierung wird das Land durch die
       wichtigen Brexit-Verhandlungen führen“, sagte sie, „die schon in zehn Tagen
       beginnen.“ Darin ist sie sich mit der DUP einig: Es ist die einzige
       nordirische Partei, die für den Ausstieg aus der EU eingetreten ist. 56
       Prozent der Nordiren stimmten dagegen.
       
       Die DUP wird May aber nicht aus Freundschaft stützen. Sie fordert, dass
       Nordirland keinen Sonderstatus verpasst bekommt, der die Provinz mit einem
       Bein in der EU hält. Das käme einer Abkoppelung vom Vereinigten Königreich
       gleich und wäre ein Schritt in Richtung vereintes Irland, fürchtet Arlene
       Foster, die Anfang vorigen Jahres zur DUP-Chefin gewählt wurde.
       Andererseits hat sie kein Problem damit, britische Gesetze über Abtreibung
       und gleichgeschlechtliche Ehe von Nordirland fernzuhalten.
       
       Die DUP hat erklärt, sie werde sicherstellen, dass es in London eine
       Tory-Regierung gibt, solange Jeremy Corbyn die Labour Party führt. Man
       wirft ihm vor, früher Kontakte zur Irisch-Republikanischen Armee (IRA)
       unterhalten zu haben.
       
       Aber die DUP ist auch nicht gerade die Partei der Friedenstauben. Sie ist
       1971 von dem inzwischen verstorbenen Pfarrer Ian Paisley gegründet worden,
       um die Union mit Großbritannien zu bewahren. Damals war der gewaltsame
       Konflikt in Nordirland längst wieder aufgeflammt, die Protestanten sahen
       ihre Privilegien gefährdet.
       
       Paisleys Reden heizten den Konflikt weiter an, und man munkelt, dass er es
       nicht bei Reden bewenden ließ. Nachweisen konnte man ihm das freilich
       nicht, er saß lediglich wegen Aufruhrs ein paar Tage im Gefängnis. 1981
       rief er eine paramilitärische „Third Force“ ins Leben, die den
       Sicherheitskräften im Kampf gegen die IRA zur Hand gehen sollten.
       
       Heute ist die DUP stärkste Partei in Nordirland und teilt sich theoretisch
       die Regierung mit Sinn Féin („Wir selbst“), dem früheren politischen Flügel
       der inzwischen aufgelösten IRA. Diese Regierung liegt derzeit auf Eis, weil
       Foster in einen Finanzskandal verwickelt ist und Sinn Féin nicht mir ihr
       zusammenarbeiten will. Sinn Féin gewann am Donnerstag sieben Mandate, die
       sie aber wie bisher aus Protest gegen die britische Besatzung Nordirlands
       nicht einnehmen wird. Deshalb wäre die Mehrheit für Tories und DUP
       komfortabler, als es auf den ersten Blick aussieht.
       
       11 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Sotscheck
       
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