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       # taz.de -- Vorratsdatenspeicherung gerichtlich für illegal erklärt
       
       > EILBESCHLUSS Das OVG Münster sieht Verstoß gegen EU-Recht und gibt
       > Münchener Provider Recht
       
       KARLSRUHE taz | Die Vorratsdatenspeicherung verletzt europäisches Recht.
       Das entschied jetzt das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster in einem
       Eilverfahren. Auf diesen Beschluss, gegen den keine Rechtsmittel mehr
       möglich sind, können sich nun alle Telefon- und Internetprovider in
       Deutschland berufen.
       
       Der Bundestag hat die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung bereits
       im Oktober 2015 beschlossen. Aufgrund einer Übergangsfrist beginnt die
       eigentliche Speicherpflicht aber erst am 1. Juli 2017, also in wenigen
       Tagen.
       
       Dann müssen Internetfirmen laut Gesetz zehn Wochen lang speichern, wer sich
       wann mit welcher IP-Adresse ins Internet eingeloggt hat. Telefonfirmen
       müssen zehn Wochen lang festhalten, wer wann mit wem telefoniert oder
       gesimst hat. Vier Wochen lang muss gespeichert werden, wo sich ein
       Mobiltelefon befindet.
       
       Allerdings hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Dezember 2016 solche
       anlasslosen Vorratsdatenspeicherungen in Schweden und Großbritannien als
       Verstoß gegen EU-Recht beanstandet. Die deutsche Politik war davon völlig
       überrascht. Sie tat so, als hätte das alles mit Deutschland nichts zu tun.
       
       Das sah das OVG Münster nun anders. Die Vorratsdatenspeicherung verstoße
       gegen die EU-Richtlinie zum Datenschutz in der elektronischen Kommunikation
       von 2002. Das EuGH-Urteil vom Dezember sei auch auf Deutschland anwendbar.
       Eine anlasslose Speicherung der Telefon- und Internetdaten der ganzen
       Bevölkerung sei deshalb nicht zulässig. Möglich wäre nur eine personell,
       zeitlich oder örtlich beschränkte Vorratsdatenspeicherung. Der Eilbeschluss
       ist „unanfechtbar“.
       
       Das OVG Münster wurde von dem Münchener Provider SpaceNet AG angerufen. Die
       Firma wollte verhindern, dass sie für 40.000 Euro neue Hardware anschaffen
       muss, wenn die Vorratsdatenspeicherung doch rechtswidrig ist. In erster
       Instanz hatte das Verwaltungsgericht Köln den Eilantrag noch abgelehnt. Die
       Klage wurde vom Internetbranchenverband Eco unterstützt und vom Mainzer
       Rechtsprofessor Matthias Bäcker formuliert.
       
       Auf den Münsteraner Beschluss können sich nun auch alle anderen Telefon-
       und Internetfirmen in Deutschland berufen. Mit einem Eilantrag gegen die
       Bonner Bundesnetzagentur würden auch sie beim Verwaltungsgericht Köln und
       in letzter Instanz beim OVG Münster landen.
       
       Die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen (ROG) begrüßte die
       Entscheidung. „Die Bundesregierung sollte sich endlich ein- für allemal von
       diesem überflüssigen und für die Pressefreiheit schädlichen Instrument
       verabschieden“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. (Az.: 13 B
       238/17)
       
       Christian Rath
       
       23 Jun 2017
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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