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       # taz.de -- Die Vereinten Nationen und Pressefreiheit: Keine Straffreiheit mehr
       
       > Als erstes Parlament der Welt fordert der Bundestag einen
       > UN-Sonderbeauftragten für Journalisten. Was könnte der ausrichten?
       
   IMG Bild: Hätte ein UN-Beauftragter vermitteln können? Zwei niederländische Journalisten in der Gewalt einer kolumbianischen Rebellengruppe. Die Männer kamen am Samstag frei
       
       Die Zeiten für Medienschaffende werden gefährlicher: Letztes Jahr wurden
       weltweit 74 Journalistinnen und Journalisten ermordet, mindestens 52 gelten
       als verschwunden. Dabei seien es nicht nur Bürgerkriegsländer wie Irak oder
       Syrien, in denen Pressevertreter angegriffen und getötet würden. Das betont
       die Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG), die diese
       Zahlen [1][veröffentlicht hat].
       
       In der Türkei sitzen rund 150 Berichterstatter hinter Gittern. In Mexiko
       wurden seit 2000 mindestens 126 Journalisten getötet, allein in diesem Jahr
       sind es schon sieben. Kaum ein Täter landet dort vor Gericht. Trotzdem
       unternimmt die mexikanische Regierung nach Ansicht von Kritikern viel zu
       wenig, um der Gewalt und der Straflosigkeit Einhalt zu gebieten.
       
       „Hätten wir einen UN-Sonderbeauftragen für den Schutz von Journalisten,
       wäre der schon lange in Mexiko und könnte sich um die Fälle kümmern“,
       erklärt ROG-Geschäftsführer Christian Mihr der taz. Seit zwei Jahren machen
       sich ROG sowie andere NGOs und Medienunternehmen für eine solche Stelle
       stark.
       
       Am Freitag sprach sich nun auch der Bundestag dafür aus. In einem von Union
       und SPD eingebrachten Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, „eine
       UN-Initiative zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten und gegen
       Straflosigkeit zu unterstützen und die Einsetzung eines Sonderbeauftragten
       voranzubringen“.
       
       ## Ein starkes Mandat
       
       Der Bundestag ist damit das erste Parlament weltweit, das dieses Anliegen
       unterstützt. „Dadurch erhoffen wir uns eine größere internationale
       Aufmerksamkeit“, sagt Mihr. Der Sonderbeauftragte soll mit einem starken
       Mandat ausgestattet werden, indem er direkt dem UN-Generalsekretär
       unterstellt und von der UN-Generalversammlung benannt wird. „Dieser
       Bundestagsbeschluss ist ein wichtiges Signal“, so Mihr.
       
       Die UNO hat mehrere Entschließungen verabschiedet, die Mitgliedstaaten
       verpflichten, Angriffe auf Journalisten einzudämmen. Etwa die Resolution
       2222 zum Schutz von Journalisten in bewaffneten Konflikten. 2012
       erarbeitete sie einen umfassenden Aktionsplan. Dieser sieht beispielsweise
       vor, die Zivilgesellschaft in den Kampf für die Pressefreiheit
       einzubeziehen, Sicherheitsinitiativen zu fördern und
       Krisenreaktionsmechanismen zu erarbeiten.
       
       ## Große Sorgen
       
       Zudem gibt es einen ehrenamtlichen UN-Sonderberichterstatter für
       Meinungsfreiheit. Der kann aber nur sehr begrenzt arbeiten, weil er über
       keinen Mitarbeiterstab verfügt und mit den verschiedensten Themen
       beschäftigt ist, von Meinungsäußerung für Kinder bis Datenverschlüsselung.
       Trotz dieser Initiativen hat sich bislang wenig getan. Der damalige
       UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zog deshalb 2015 ein entmutigendes Resümee:
       „Ich bin in tiefster Sorge darüber, dass es nicht gelungen ist, die
       Häufigkeit und das Ausmaß gezielter Gewalt gegen Journalisten sowie die
       fast vollständige Straflosigkeit für solche Verbrechen zu verringern.“
       
       Der UN-Sonderbeauftragte soll dafür sorgen, dass der Aktionsplan sowie die
       Resolutionen umgesetzt werden und das Amt des ehrenamtlichen
       UN-Berichterstatters aufgewertet wird. Er soll unabhängig agieren und
       eigenständig Untersuchungen einleiten, wenn Regierungen die Verbrechen
       nicht verfolgen.
       
       In einem Punkt konnte sich die Grünen-Fraktion nicht durchsetzen: „Es wäre
       gut gewesen, wenn die Bundesregierung sich für eine laufende Finanzierung
       aus dem UN-Budget eingesetzt und Deutschland sich zumindest verpflichtet
       hätte, für einen Teil der Kosten einzustehen“, kritisierte die Abgeordnete
       Tabea Rößner gegenüber der taz. Dennoch ist sie zufrieden. Denkbar wäre
       auch, hoffen die Grünen, dass ein UN-Sonderbeauftragter vermittelnd
       zwischen Staaten tätig wird, etwa in Fällen wie dem des
       Welt-Korrespondenten Deniz Yüzel. Es wird noch mindestens zwei Jahre
       dauern, bis die Stelle eingerichtet wird.
       
       26 Jun 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.reporter-ohne-grenzen.de/jahresbilanz/2016/teil-2/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Wolf-Dieter Vogel
       
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